Willkommen auf meinem Weblog

Fotografie, Literatur, die deutsche Sprache, die Verbesserung meiner englischen Sprachkenntnisse, Museen und Ausstellungen, Theater, Kochen und Backen sind meine Interessen. Und dazu noch dieses und jenes, je nach Tagesaktualitäten und persönlichen Erlebnissen. Hinzu kommen der Spaß am Verfassen von Texten und die alltäglich gewordene Nutzung der Informationswelt des Internet.

Sonntag, 20. Mai 2007

Bin ich denn blöd?

Ich habe mir einen neuen mp3-Player geleistet. Lange hatte ich danach Ausschau gehalten, bisher aber noch nicht das Passende gefunden. Gestern lag ein Prospekt in der Zeitung. Das war ein wirkliches Schnäppchen, und nach kurzem Googeln schien das ein Treffer zu sein. Ein paar Fragen hatte ich zwar noch, aber die wollte ich im Laden klären. Also nichts wie hin. Die Kartons lagen massenweise im Regal. Reinschauen durfte man nicht. Alles versiegelt und mit Packbändern umschnürt. Die Beschreibung auf der Packung war mikroskopisch klein, aber mit angestrengtem Augenkneifen und unter voller Ausnutzung der Armlänge eines Altersweitsichtigen konnte ich sie schließlich doch entziffern. Was ich mir hätte sparen können, weil meine Fragen damit nicht beantwortet waren.

Also noch einmal tief durchgeatmet, und dann rein ins Abenteuer. Ich sprach einen Verkäufer an.

Ob der Player auch unter meinem PC-Betriebssystem laufe, wollte ich wissen. Auf der Packung sei das nicht erwähnt. Der hochmotivierte Elektronikfachverkäufer beriet mich: "Müsste eigentlich." Müsste! Bloß nicht festlegen. Der Mann hat das Zeug zum Politiker. Aus dem kann noch was werden. Als er merkte, dass mich seine Auskunft nicht zufrieden gestellt hatte, wusste er die Lösung. Wie sich das für einen Politiker gehört. "Wenn das nicht geht, können Sie ihn ja zurück bringen." Eigentlich hat er ja Recht. Wir Deutsche sollen uns schließlich mehr bewegen. Wegen der Gesundheit. Und um mich zu beruhigen (durch und durch Politiker, der Mann) fügte er hinzu: "Wird schon. Das Teil ist voll krass." Das war doch mal ein überzeugendes Argument. Sprachlich zwar unüblich, denn an ein "voll krass" schließt sich nach dem Regelwerk der neuen deutschen Umgangssprache zwingend ein "Alter" an. "Das Teil ist voll krass, Alter," hätte er sagen müssen. Er war sich aber wohl nicht sicher, ob ich ihm den "Alten" übelgenommen hätte. Da hat er ihn vorsichtshalber weggelassen. Man muss schließlich nicht alles sagen, was man denkt. Als Nachwuchspolitiker schon gar nicht.

In mir regten sich Zweifel, ob ich da an den richtigen Mann geraten war. Aber ich hatte keine andere Wahl. Außerdem hatte er viel zu tun. Ich war schließlich nicht der einzige, um den er sich kümmern musste. Dabei durfte ich ihn doch nicht stören. Eins traute ich mich aber doch noch zu fragen. Warum denn kein Ladegerät in der Packung sei. "Egal, lädt über USB." Tut mir leid für ihn, aber ich muss schon wieder unzufrieden ausgesehen haben. "Wenn Sie viel unterwegs sind, gibt es Ladegerät extra zu kaufen," beriet er mich. Ohne ihn näher über meine Reisegewohnheiten aufzuklären, fragte ich nur: "Wie teuer?" "Noinnoinunnoinzich." Auf mein "In Ordnung, dann nehme ich das gleich mit" gab er mir noch ein kleines Überraschungspäckchen dazu. Artig dankend trat ich damit ab, an die Kasse.

Zu Hause entpuppte sich der mp3-Player wirklich als Glückskauf. Funktioniert einwandfrei, wird vom PC erkannt und lässt sich sogar wie ein Laufwerk ohne zusätzliche Software beladen. Das habe ich gleich beim ersten Anschließen an den PC untersucht. Sowas wollte ich haben.

Dann holte ich das Ladegerät aus dem Karton und wollte sein Kabel mit der USB-Buchse des mp3-Players verbinden. Das ging aber nicht. Auf der Packung las ich jetzt: "USB-Anschluss (weiblich)". Wer denkt sich bloß solche Begriffe aus? Aber wenigstens habe ich an diesem praktischen Beispiel gelernt, was damit gemeint ist. Wenn am mp3-Player eine Buchse ist, genauso aber auch am Ladegerät, dann passt das nicht zusammen. Denn es fehlt etwas zum Reinstecken.

So wird es also doch noch etwas mit meiner Bewegung. Ich muss zurück ins Fachgeschäft, um das Ladegerät umzutauschen. Wie der Verkäufer wohl reagieren wird, wenn ich ihm mitteile, mit der weiblichen Ausführung könne ich nichts anfangen, ich bräuchte einen Mann? Immerhin hat er mir das falsche Gerät selbst in die Hand gedrückt. Ob er den Unterschied vielleicht gar nicht kennt? Aber da unterschätze ich ihn ganz bestimmt. Schließlich ist er Fachverkäufer in einem großen Elektronikmarkt. Der ist doch nicht blöd.

Samstag, 12. Mai 2007

In vino veritas

Vor Stunden hatte ich die Weinflasche entkorkt. Rotwein muss atmen, um sich zu entfalten. Vorher sollte man ihn nicht trinken, sonst hat man keine Freude daran. Und das soll man ja. Steht so in der Bibel. Im Alten Testament wird der Schöpfer dafür gepriesen, „dass der Wein erfreue des Menschen Herz“ (Psalm 104, 14 f). Mein Bordeaux war offensichtlich nicht fromm, denn der machte sich gestern Abend ganz unfreundlich mit seiner Flasche selbstständig und fiel um, ganz von allein. Und dann lief er über den Tisch und runter auf den Teppich. Ich lief in die Küche und holte mir meinen gesamten Salzvorrat. Alter Hausfrauentipp: Auf Rotweinflecken sofort Salz streuen. Hat auch über Nacht gewirkt. Das Salz hat einiges vom Rotwein aufgesogen. Aber Flecken sind trotzdem geblieben. Auf dem Aufkleber unter meinem Teppich steht als Farbe: bordeaux. Wenn der Wein bordeaux ist und der Teppich auch, dürfte es aber doch gar keine Flecken geben. Das wäre doch eigentlich logisch. Irgendwas stimmt da nicht. Entweder ist der Teppich nicht bordeaux oder nicht der Wein. Man darf eben nicht alles glauben, was geschrieben steht. Das hat mich der verschüttete Wein gelehrt. Im Wein steckt bekanntlich immer auch ein wenig Wahrheit. In vino veritas.