Willkommen auf meinem Weblog

Fotografie, Literatur, die deutsche Sprache, die Verbesserung meiner englischen Sprachkenntnisse, Museen und Ausstellungen, Theater, Kochen und Backen sind meine Interessen. Und dazu noch dieses und jenes, je nach Tagesaktualitäten und persönlichen Erlebnissen. Hinzu kommen der Spaß am Verfassen von Texten und die alltäglich gewordene Nutzung der Informationswelt des Internet.

Sonntag, 29. April 2007

Der Name der Kaffeebohne

In der gemeinsamen Grabstätte der Familie Tchilinghiryan auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg ist auch der 1987 gestorbene Carl Tchilinghiryan beigesetzt worden. Nur die wenigsten werden schon einmal von ihm gehört haben. Obwohl sein Name heute noch in aller Munde ist. Nicht der ganze Name. Den könnte ja auch kaum jemand fehlerfrei aussprechen. Aber die ersten vier Buchstaben. TCHI. Carl Tchilinghiryan verstand sich auf das Rösten von Kaffeebohnen. 1949 gründete er zusammen mit Max Herz ein Unternehmen für den Versand von Röstkaffee. Und weil jedes Kind einen Namen haben muss, hängten sie dem TCHI noch die beiden Anfangsbuchstaben der BOhne an. Zusammen ergab das TCHI-BO. Und so heißt das Unternehmen heute noch. 1955 wurde in Hamburg das erste Ladengeschäft eröffnet. Heute gibt es allein in Deutschland rund 1000 davon. Was mit Kaffee begann, ist heute eine ganz andere Welt. Noch dazu jede Woche eine neue, mit wechselnden Angeboten anderer Produkte. Davon hat wohl jeder schon mal etwas gekauft, und manches Mal hinterher bemerkt, dass er das eigentlich gar nicht brauchte. Aber dafür war es sehr günstig. Kaffee gibt es bei Tchibo übrigens immer noch. Und jede Woche eine kostenlose Fernsehzeitung. Jetzt wissen wir endlich auch, woher der Name Tchibo kommt.


Die Skulptur "Liegende" auf dem Familiengrab Tschilinghiryan schuf der Bildhauer Richard Kuöhl 1927.





Erwähnenswert ist auch die Inschrift auf dem Grabmal (wohl:) der Eltern:

ICH DACHTE HIN ICH DACHTE HER,
UM GLÜCK FÜR DICH ZU WERBEN
NUR AN DAS EINE DACHT ICH NICHT,
DASS DU MIR KÖNNTEST STERBEN

Familiengrabstelle Tschilinghiryan auf Google-Maps ansehen.

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Quellen:
http://www.markenlexikon.com/produkte_t.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Tchibo
http://www.tchibo.com
http://www.friedhof-hamburg.de/ohlsdorf/spazierg/prominente.htm

Freitag, 27. April 2007

Wir sind König

Auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg entdeckte ich diesen Grabstein. Otto Witte liegt hier begraben, der mit seinem Allerweltsnamen an sich noch keine Aufmerksamkeit erregt. Der Zusatz auf seiner Grabplatte machte mich aber dann doch so neugierig, dass ich davon Fotos schoss. Ehemaliger König von Albanien soll Otto Witte gewesen sein, hat der Steinmetz vermerkt. Bei einer Visitenkarte hätte ich das wahrscheinlich mit einem Kopfschütteln abgetan. Papier ist schließlich geduldig und muss deswegen allzu oft großen Unsinn ertragen. Hier hat sich aber jemand die Mühe gemacht, die Sache in Stein zu meißeln. Da lohnte sich dann doch, mal nachzuforschen, ob da was dran ist.

Obwohl Otto Witte nicht gerade ein typisch aristokratischer Name ist und sich deshalb für einen König wenig eignet, schon gar nicht für den von Albanien, ist die Geschichte, die ich dazu herausgefunden habe, ebenso abenteuerlich wie berichtenswert. Niemand soll weiterhin behaupten, Steine könnten nicht reden. Dieser Grabstein kann es.

Otto Witte wurde in Diesdorf bei Magdeburg geboren, am 16. Oktober, nach der Inschrift auf dem Grabstein im Jahre 1872, was wohl die unbedeutendste Ungereimtheit in seinem Lebenslauf ist. In seinem letzten Bundespersonalausweis stand als Geburtsjahr nämlich 1871. Welche Jahreszahl die richtige ist, braucht hier nicht vertieft zu werden. Das ist für seine Regentschaft vollkommen unerheblich. Jeder mag für sich selbst entscheiden, wem er mehr vertraut, dem Steinmetz oder dem Beamten.

Bei herumreisenden Schaustellern aufgewachsen, blieb bei Otto Witte die Schulbildung auf der Strecke. Nur zwei Jahre soll er eine Schule besucht haben. Mit Lesen und Schreiben war daher bei ihm nicht viel los. Dafür verstand er sich umso besser auf Zauberkunststücke und Wahrsagerei durch Handlesen. Damit schlug er sich erst einmal durchs Leben, bis er zunehmend mit viel Charme und einer unübertrefflichen Dreistigkeit in Situationen geriet, die bei seiner Herkunft wohl niemand vorausgesehen hatte. Er führte seine Kunststücke sogar dem serbischen Königspaar vor, schloss sich einer Nilexpedition an, war Taucher bei einer Tiefseeexpedition in Indien und noch allerlei mehr. Bei der Fremdenlegion ging er stiften, weil es ihm da nicht gefiel. Ein Zubrot verdiente er sich mit Schmugglergeschäften. Auch Papiere wurden gefälscht, wenn das was einbrachte. Nebenbei eroberte er mehrfach Frauenherzen, wobei er streng darauf achtete, dass die Damen wohlhabend genug waren, um ihn eine Zeitlang angemessen zu unterhalten. Er soll sogar einmal mit einer richtigen Prinzessin durchgebrannt sein, was allerdings nicht lange dauerte. Die beiden wurden bald wieder eingefangen, worauf Otto im Kerker landete und die Prinzessin auf dem Schoße ihres Vaters, der ihr nach derlei Ungezogenheit kräftig den Hosenboden stramm zog. Irgendwie schaffte Witte es, sich aus dem Gefängnis zu befreien. Später zog er über Jahrmärkte, bändigte Raubtiere, und zeitweise soll er auch eine Abdeckerei geführt haben, und eine Obstplantage.

Zwischendurch war er auch mal kurz König von Albanien. Fünf Tage nur, aber immerhin. Die Gelegenheit war günstig, und da überlegte ein Otto Witte nicht lange, sondern er griff einfach zu.
Nach dem ersten Balkankrieg im Jahre 1912 war Albanien selbstständig geworden. Otto Witte hatte sich bei der türkischen Armee verdingt und war dort, als Belohnung für erfolgreiche Spionagedienste, schnell zum Major aufgestiegen. Die politische Lage in Albanien war unsicher. Die Einsetzung eines Königs sollte Ruhe schaffen und die Nachbarstaaten davon abhalten, sich Albanien einzuverleiben. Ein Neffe des Sultans, der Prinz Halim Eddine, war als Monarch vorgesehen. Davon erfuhr Otto Witte, der oft darauf angesprochen worden war, dass er diesem Prinzen äußerst ähnlich sehe. Das musste er doch ausnutzen. Zusammen mit seinem Freund und Kollegen, dem Schwertschlucker Max Schlepsig, reiste er nach Albanien. Bei einem Kostümverleih erwarb er eine Phantasieuniform, damit man ihm seine hohe Stellung auch abnehmen sollte. Mit zwei getürkten Telegrammen kündigte er der albanischen Regierung die Ankunft des türkischen Prinzen an, der derweil nichtsahnend in Konstantinopel saß. Die prachtvolle Uniform und die Ähnlichkeit Wittes mit dem Prinzen verfehlten ihre Wirkung nicht. Man nahm ihm ab, Prinz Halim Eddine zu sein. Am 15. Februar 1913 wurde er feierlich zum König von Albanien gekrönt. Seinen Freund Max Schlepsig beförderte er vom Schwertschlucker zum Kammerherrn. Otto Witte, jetzt König von Albanien, nahm unverzüglich seine Amtsgeschäfte auf, indem er eine Regierung einsetzte und Kommandeure ernannte. Damit war die Arbeit verteilt. Er selbst gab Festbankette, ließ sich feiern und vor allen Dingen, nach alter orientalischer Sitte, von den Damen seines Harems verwöhnen. Schon nach wenigen Tagen wurde es allerdings ungemütlich, denn der wirkliche Prinz Halim Eddine hatte sich aus Konstantinopel gemeldet. Der hatte davon erfahren, dass er zum König von Albanien gekrönt worden sein sollte, wovon er aber gar nichts wusste. Otto Witte, seitdem wieder bürgerlich, und Max Schlepsig verdufteten am 19. Februar 1913 aus Albanien, natürlich nicht, ohne sich vorher schnell noch einmal kräftig aus der königlichen Schatzkiste bedient zu haben. Sie entkamen gerade noch rechtzeitig. Sonst hätte man ihnen vermutlich die Köpfe von den Rümpfen abgetrennt, eine Behandlung, die sich im Verlaufe der Geschichte schon einige Monarchen gefallen lassen mussten, die ihr Volk verärgert hatten. Verdenken können hätte man das den betrogenen Albanern nicht.

Ob die Geschichte stimmt oder ob sie nur in Otto Wittes Phantasie stattgefunden hat, wird wohl nie geklärt werden. Vermutlich von beidem etwas. Sein Geheimnis hat Otto Witte nach seinem Tod am 13. August 1958 in Hamburg mit in sein Grab auf dem Ohlsdorfer Friedhof genommen. Auf alle Fälle muss er seine Erlebnisse überzeugend dargelegt haben, denn immerhin hat ihm das damalige Reichsgericht ausdrücklich das Recht zugesprochen, den Titel des ehemaligen Königs von Albanien im Rechtsverkehr offiziell zu führen. Er war in seinem Ausweis eingetragen und Behörden haben die Post an ihn auch so adressiert. Dann gehört das selbstverständlich auch auf seinen Grabstein.

Als 2005 ein Deutscher zum Papst gewählt wurde, prangte die Schlagzeile Wir sind Papst auf der Titelzeile einer deutschen Zeitung. Ob die Idee so neu war? Wer weiß? Vielleicht war schon 1913 zu lesen: Wir sind König von Albanien.

Otto Wittes Lebensgeschichte diente als Stoff für einen Roman von Harry Turtledove (Every Inch a King), wurde außerdem von Alfred Lux literarisch verarbeitet und ist Vorlage des Musicals Fünf Tage König von Johannes Schlecht und Margot Friedrich.
Otto Witte selbst hatte seine Erlebnisse schon 1932 und 1939 als Buch veröffentlicht.

Grabstelle des "ehemaligen Königs von Albanien" auf Google-Maps ansehen.

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Die Informationen zu Otto Witte stammen aus den folgenden Quellen im Internet:
http://www.heimbacher-infoblatt.de/K%C3%B6nig%20von%20Albanien.htm (mit Foto des Personalausweises des ehemaligen Königs von Albanien)
http://www.ansichtskarten-pankow.de/witte.htm (Bildergalerie, unter anderem mit zwei Behördenbriefen an den ehemaligen König von Albanien)
http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Witte (Wikipedia deutsch) http://en.wikipedia.org/wiki/Otto_Witte (Wikipedia englisch)
http://www.soem.info/guenstedt/sagen.php?id=4
http://www.franzoesisch-buchholz.de/witte.html
http://www.vcp-pankow.de/owkoenig.html
http://www.luise-berlin.de/Bms/bmstxt97/9712lexa.htm
http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,868723-1,00.html (TIME-Artikel vom 25. August 1958 zum Tode von Otto Witte)

Montag, 23. April 2007

Rauchzeichen

Immer, wenn aus meinem Computer dieser Gong ertönt, den ein amerikanischer Software-Riese für den Posteingang komponiert hat, reagiere ich zwanghaft.

Das war schon so, als ich noch rauchte. Dann zündete ich mir bei dem Signal erstmal eine Zigarette an und qualmte genüsslich, während ich rätselte, wer mir wohl geschrieben haben mag. Das hätte ich natürlich ganz schnell herausfinden können, einfach nur nachzusehen brauchen, aber für einen zutiefst abhängigen Raucher ist schließlich alles Grund genug, sich eine ins Gesicht zu stecken. Außerdem fiel es mir dadurch leichter, die E-Mails nicht sofort zu beantworten. Niemand sollte denken, ich hätte sonst nichts zu tun.

Seit ich das Rauchen aufgegeben habe, läuft das anders ab. Jetzt wird nicht mehr am Glimmstängel gezogen, und daher zieht auch die Masche mit der Verzögerungstaktik nicht mehr. Im Gegenteil. So spontan, wie ich damals in der Zigarettenschachtel fingerte, greift meine Hand heute zur Maus. Ganz schnell klicken und lesen. Als ob ich nur das eine Laster gegen ein anderes ausgetauscht hätte. Das soll mir recht sein, denn gesünder ist es dadurch auf alle Fälle geworden, und billiger sowieso.

Ein gehöriger Anteil der Depeschen, die auf meiner Festplatte eintrudeln, sind Newsletter. Eine wundervolle Einrichtung. Ich brauche nur einmal auf irgend einer Webseite meine E-Mail-Adresse einzugeben, und schon klingelt es regelmäßig in meinem elektronischen Briefkasten. Zigaretten konnte ich mir noch selber kaufen, aber um meine E-Mail-Sucht zu befriedigen, müssen mir schon andere helfen.

Die meisten Newsletter sind nicht sonderlich spannend, sondern im Grunde nur Reklame. Da verschaffe ich mir Abwechslung, indem ich immer mal wieder welche abbestelle und dafür neue abonniere. Manche, allerdings nicht viele, sind aber tatsächlich informativ oder unterhaltsam. Einer davon kommt von kolumnen.de, wo ein buntes Sammelsurium von Autoren Texte veröffentlicht. Alle paar Tage gibt es da was Neues zu lesen, ab und an auch zu hören. Vieles davon gefällt mir. Da stöbere ich gern.

Neulich wurde ich in dem Newsletter gefragt, ob ich mir das etwa so vorstelle, dass man das dort alles nur zum Spaß veranstalte. Warum denn bloß niemand die neueste Kolumne von Elke Schröder lese, Nikotinabusus, das verstehe er nicht, der Herausgeber. Die Anfrage kam am 13., und das war ein Freitag. An so einem Tag läuft ja gelegentlich einiges anders als sonst. Ob das der Grund für die ziemlich barsche Fragestellung war? Oder ob sich der Verfasser des Newsletters gerade selbst das Rauchen abgewöhnt? Dann wäre das verständlich, denn bei Entzug reagiert man gelegentlich etwas eigenartig. Bei mir war das zwar nicht so, aber sowas ist selten. Außer mir selbst war das auch niemandem aufgefallen. Oft musste ich mir anhören, ich solle nur möglichst schnell wieder rauchen, sonst sei ich ungenießbar. Und dabei war ich vollkommen ausgeglichen. Das weiß ich genau.

Selbstverständlich hatte ich die Kolumne gelesen. Und das, bitteschön, ganz freiwillig, nicht erst auf Drängen. Der Zorn gegen mich war unbegründet. Als von der Sucht befreiter Ex-Raucher konnte ich gar nicht anders. Bei dem Titel: Nikotinabusus. Obwohl ich zuerst noch nicht wusste, dass die Autorin beschreibt, welche Absonderlichkeiten sie bei sich feststellte, als sie sich vom blauen Dunst verabschiedete. Sie war als Raucherin aber auch zu verächtlich behandelt worden. Da blieb ihr wirklich keine andere Wahl. Da musste sie durch.

Ich habe gelesen, was die Verfasserin erlebte, als sich die Rauchschwaden um ihren Kopf zu lichten begannen. Plötzlich habe sie Dinge bemerkt, die ihr bislang entgangen waren. Zum Beispiel den Kölner Dom. Der müsse wohl über Nacht aus dem Boden gestampft worden sein. Nun gut, mehr kann man am Anfang nicht erwarten. Immerhin wird die Kathedrale jetzt überhaupt wahrgenommen. Aber ein wenig vernebelt scheint der Blick dabei noch zu sein. Aus dem Boden gestampft, das klingt ja so, als ob der Kölner Dom fertiggestellt worden sei. Niemals. Er ist eine ewige Baustelle. Das war er bisher und das wird er immer bleiben. Der Kölner Volksmund unkt mit Recht, dass die Welt untergehe, falls der Dom einmal fertig werde. Eher wäre ja sogar noch damit zu rechnen, dass Rauchen wieder salonfähig wird. Dem lieben Gott geht es mit seinem Dom zu Köln nicht besser als jedem anderen Bauherrn. Die Handwerker machen da keinen Unterschied. Ihre Zeitrechnung wird in Ewigkeiten gemessen. Das hat sicher auch mit den vielen Zigarettenpausen zu tun.

Und dann all die Fragen, die auftauchen, wenn der im Blut reichhaltig vorhandene Sauerstoff zunehmend giftfrei wird: Richtet sich der Gebührenzähler danach, wenn der Telefonhörer aufgelegt wird? Was macht der Kühlschrankbeleuchter hinter der geschlossenen Tür? Da braucht man als Nichtraucher schon mal was zur Beruhigung. An den Griff zur Flasche wäre zu denken. Aber ist das wirklich die Lösung? Ich empfehle: Newsletter lesen. Das lenkt ab.

Sonntag, 22. April 2007

Ein Griff ans Gesäß

Bei dieser Skulptur an einem Hamburger Eckhaus bleibt ungeklärt, warum sich der Jüngling während seiner Kletterpartie so kräftig den Hintern massiert. Wollte der Bildhauer davor warnen, dass Fassadenkletterer vom Riesenschnauzer des Hausmeisters gnadenlos gebissen werden? Oder sollten den jugendlichen Knaben tatsächlich schon die Hämorriden plagen?

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Entdeckt am Eckhaus Rademachergang/Breiter Gang in Hamburg-Neustadt.
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Dienstag, 17. April 2007

Seefahrer-Motto

Lewer en lütt Herr
as en grot Knecht.
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Übersetzung aus dem Plattdeutschen:
Lieber ein kleiner Herr
als ein großer Knecht.
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Kein schlechter Wahlspruch, den sich der Schiffer da auf sein Boot geschrieben hat.
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auf dem Ewer Moewe (Baujahr 1907).
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