Willkommen auf meinem Weblog

Fotografie, Literatur, die deutsche Sprache, die Verbesserung meiner englischen Sprachkenntnisse, Museen und Ausstellungen, Theater, Kochen und Backen sind meine Interessen. Und dazu noch dieses und jenes, je nach Tagesaktualitäten und persönlichen Erlebnissen. Hinzu kommen der Spaß am Verfassen von Texten und die alltäglich gewordene Nutzung der Informationswelt des Internet.

Montag, 26. November 2007

Weihnachtslieder

In den vergangenen Wochen wurden sie aufgebaut. Jetzt, Ende November, ist die Zeit reif, die Verkaufsbuden in den Einkaufsstraßen der Innenstadt in Betrieb zu nehmen. Der Nachbar des Kunsthandwerkers verkauft Schmalzgebackenes, gegenüber locken Fischbrötchen und im Kupferkessel nebenan duften frisch gebrannte Mandeln. Das Angebot ist reichhaltig. Glühwein meets Bratwurst. Mittendrin als Blickfang eine liebevoll gestaltete Weihnachtskrippe. Staunende Kinderaugen. Die ersten Weihnachtseinkäufe werden in bunt bedruckten Tüten nach Hause getragen. Klirrende Kälte unterstreicht die vorweihnachtliche Stimmung.

Fröhliche Musik klingt über den Platz. Fünf Straßenmusikanten haben sich eingefunden. Die Combo spielt auf Akkordeon, Gitarre, Klarinette und Trompete muntere Lieder. Der fünfte Mann gibt auf einer Trommel den Takt an. Als ich ankomme, wird gerade Guantanamera zum Besten gegeben, die weltbekannte kubanische Melodie, auf die vor einigen Jahren die Einmaligkeit des Fußballspielers Rudi Völler gepriesen wurde. Darauf folgt das mexikanische Revolutionslied La Cucaracha. Nichts von klingenden Glöckchen und leise rieselndem Schnee. Ein kleiner Junge beschwert sich darüber bei seinen Eltern. Er wolle Weihnachtslieder hören. Der Vater geht zur Kapelle und wechselt ein paar Worte mit dem Trommler. Zurück bei Frau und Kind erstattet er Bericht: "Ich habe ihn gebeten, mal was anderes zu spielen. 2 Euro habe ich ihm dafür in die Hand gedrückt. Das wird ja wohl reichen." Tatsächlich wird dann das Programm geändert, nur leider immer noch nicht wie erhofft. Norddeutsche Weihnachtslieder gehören offenbar nicht zum Repertoire, denn auf karibisches Liedgut folgt orientalisches, vermutlich ein Weihnachtslied vom Bosporus. In dieser Umgebung nicht ganz stilecht, aber schön war es trotzdem.

Mittwoch, 31. Oktober 2007

Abholschein

Hilflos wanderte ihr Blick kreuz und quer über die Bücherwand. Zwischendurch sah sie immer wieder auf den Zettel in ihrer Hand. Sie war ratlos. Warum in dieser Buchhandlung auf den Abholscheinen nicht der Titel vermerkt wurde, sondern nur eine vierstellige Nummer, hatte ich mich schon bei der Bestellung gefragt. Das System erscheint verbesserungswürdig.

Da sie nicht wusste, wonach sie suchte, äußerte sie eine Vermutung: "Soll das ein Harry Potter sein?".

"Nein", antwortete ich, wobei ich mich fragte, warum ich ausgerechnet den hätte bestellen sollen, wenn doch am Eingang ein Tisch mit allem aufgebaut war, was die Anhänger des zaubernden Knaben sich wünschen. Bücher, gedruckt und vertont, dazu die passenden Kalender für die Wand oder die Schultasche, und das stapelweise. Alles vorrätig und zum Mitnehmen. Bestellen unnötig. Außerdem wusste ich bisher nicht, dass hier Bestsellerpflicht bestand.

"Was denn sonst?" Sie schien verwundert, mal keinen Harry Potter loszuwerden. Warum eigentlich? Wir waren doch nicht bei Flourish & Blotts, der Zauberbuchhandlung in der Winkelgasse, in der alle Hogwarts-Schüler ihre Schulbücher kaufen, während sich ihre Eltern im Tropfenden Kessel berauschenden Zaubertränken hingeben.

Mit den Worten "König von Albanien" löste ich das Rätsel auf.

"Das kenne ich nicht", gestand die Verwalterin der bestellten Bücher, "aber ich kann ja mal schauen, ob es heute geliefert worden ist." Ihre Hände und ihr Kopf verschwanden in einem Karton von den Ausmaßen einer Schatzkiste aus den Verliesen der Zaubererbank Gringotts. Als sie wieder auftauchte, wedelte sie stolz mit ihrer Beute: "Da isses!".

Na also, das hat dann doch noch geklappt. Die Frau hat das Buch herbeigezaubert. Die Buchhandlung sollte statt Abholscheinen besser Glaskugeln verwenden, wenn sie Hogwarts-Absolventen beschäftigt. Die können damit mehr anfangen als mit Nummernzetteln.

Sie verpackte das Buch in einer Tragetasche mit buntem Harry-Potter-Aufdruck. "Wenn Sie schon keinen Harry Potter kaufen, kriegen Sie jetzt wenigstens die Tüte dazu."

Damit bin ich dann nach Hause spaziert. "Zauberhaftes Lesevergnügen!", steht auf dem Beutel. Das werde ich hoffentlich auch mit Otto Wittes Abenteuern haben, der 1913 mal für fünf Tage König von Albanien war.

Sonntag, 28. Oktober 2007

Uhrwerksversagen

Ein Sprecher der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) hat verkündet, die Umstellung von der Sommerzeit auf die mitteleuropäische Normalzeit in der vergangenen Nacht sei wie immer problemlos verlaufen.

Irrtum! Bei mir nicht.

Damit meine ich nicht die Auswirkungen auf die innere Uhr, sondern das Schicksal meiner Küchenuhr. Die hat die Aktion nicht überlebt. Um ihre Anzeige der jetzt wieder geltenden Mitteleuropäischen Zeit anzugleichen, habe ich sie von der Wand genommen. Das Zifferblatt und die Zeiger selbst sind nicht zugänglich, das Gehäuse kann nicht geöffnet werden. Deswegen habe ich die Zeiger mit dem Rädchen an der Rückseite um eine Stunde zurückgedreht. Dabei bin ich sehr vorsichtig zu Werke gegangen, wirklich äußerst behutsam, denn ich wollte nicht mehr stören als unvermeidlich. Ist doch klar, dass Uhren leiden, wenn ihnen zweimal im Jahr das Innerste verdreht wird. Als ich die Uhr danach wieder an den Haken hängte, hat sie sich endgültig verabschiedet. Der kleine Zeiger plumpste nach unten, wo er unter letzten Zuckungen zum Stillstand kam. Jetzt baumelt er schlaff über der Sechs und spielt nicht mehr mit. Auch der Sekundenzeiger hat sich abgemeldet, kurz nach halb, höher hat er es nicht mehr geschafft. Der große Zeiger klemmt bei der Zehn. Jahrelang war die Küchenuhr für mich da, aber bei der Zeitumstellung ist es passiert. Totalausfall. Exitus. Ein treues Uhrwerk tickt nicht mehr.

Meine Uhr hat bei der Umstellung das Zeitliche gesegnet.
Ist das etwa problemlos?

Mittwoch, 24. Oktober 2007

Schöne Stunden im Pantoffelkino

Der Verkäufer bei den Küchenmessern rief, als ich an ihm vorbeiging, laut durch die Abteilung: "Weiß jemand, wie der Film heißt, den ich am Sonnabend gesehen habe?" Woher sollte ich das wissen? "Keine Ahnung!" erwiderte ich im Vorübergehen.

Ich schlafe oft bei Filmen ein. Passiert mir das zu Hause, fällt dabei meistens die Fernbedienung auf den Boden. Im Kino ist die Sache gefährlicher, denn eine Tüte Popcorn und ein Becher mit Bier hinterlassen beim Runterfallen weitreichende Spuren. Da passe ich dann schon besser auf.

Dem Mann mit den Messern passiert sowas nicht. Er hält die Augen offen, merkt sich aber noch nicht einmal, welcher Film vor ihm ablief. Ich weiß hinterher immerhin noch, wobei ich eingeschlafen bin.

Seine Kollegen fertigten den ratlosen Herrn der Klingen nicht so kurz ab wie ich.

Von den Bratpfannen rief eine Verkäuferin: "War das ...?" Den Titel, den sie nannte, habe ich vergessen, aber der half ja auch nicht weiter. Der Liebhaber namensloser Filme wehrte ab: "Wenn ich das wüsste, hätte ich doch nicht zu fragen brauchen."

Hinter aufgestapelten Vorratsbehältern aus Kunststoff krähte ein Mann: "Meinst Du den mit der Autobahnbrücke und dem Sportwagen, der über das Geländer flog?" Der Mann war offenbar kleiner als der Dosenstapel, denn man sah ihn nicht.

"Nein, sowas kam darin nicht vor", antwortete der Messerverkäufer.

"Oder war es der mit diesem knackigen Schauspieler mit den stahlblauen Augen, dem unwiderstehlichen Blick und dem Waschbrettbauch?", fragte eine Kundin mit einer Pfeffermühle in der Hand.

Die Porzellanfachverkäuferin schien den Traummann zu kennen. Sie pfiff anerkennend. Alle drehten sich zu ihr um. Sie errötete.

Die für die Kuchenformen zuständige Dame forderte: "Dann erzähl uns doch mal, was in dem Film so los war."

"Das fällt mir nicht mehr ein, auch wenn ich noch so scharf darüber nachdenke."

"Du kennst weder den Titel noch den Inhalt? Das erkläre uns bitte mal!" Der Topfberater klapperte mit den Deckeln.

"Der Film war so langweilig. Ich habe schon nach einer Viertelstunde nicht mehr hingeguckt. Am liebsten wäre ich ins Bett gegangen."

"Und warum hast Du es nicht getan?"

"Weil meine Frau darauf bestanden hat, dass wir endlich mal wieder zusammen einen Film ansehen."

"Dann frag doch Deine Frau."

"Geht nicht, die hat gerade angerufen und mich gefragt."

"Warum fragt denn ausgerechnet Deine Frau danach? Die hat den Film doch selbst gesehen."

"Ja, eigentlich schon. Aber sie war leider eingeschlafen. Das hat sie mir eben gebeichtet."

Montag, 8. Oktober 2007

Pümpel mit Ü

Am vergangenen Sonnabend meldete sich Thomas Gottschalk mit Wetten, dass ..? aus der Sommerpause zurück. Die wird auch immer kürzer. Oder kommt mir das nur so vor?

Als ich beim Zappen mal wieder da landete, wedelte gerade ein Kandidat mit Gummisaugern herum und erklärte, dass er damit mal nicht den Abfluss reinigen, sondern nackte Männerrücken bewerfen wollte. Da sollten sie sich dann festsaugen. Pömpel-Dart nannte er das. Na meinetwegen.

Aber wieso Pömpel? Kaum im Fernsehen, schon ist die Presse voll von Pömpel-Beiträgen. Dadurch wird das auch nicht richtiger. Das heißt Pümpel. Wie denn sonst?

Regionale Eigenarten gibt es natürlich überall. Den Pömpel rechnet der Vlothoer Anzeiger dem Wortschatz der Ostwestfalen zu. Da gehört er dann auch hin. Aber der Duden verzeichnet das Ding als Pümpel. Und dabei hätte es das bundesweit ausgestrahlte Wetten, dass ..? doch gern belassen können. Auch der Wortschatz der Universität Leipzig kennt den Pömpel nicht, sondern den Pümpel. Und bei Google verliert der Pömpel mit 54.800 Treffern chancenlos gegen den Pümpel mit 78.900 Treffern. Na also. Dass der Duden den Pümpel in Klammern als norddeutsch bezeichnet, ändert an alledem nichts. Immerhin schreibt auch die Mittelbayerische heute von Pümpeln. Und die kann wohl beim besten Willen niemand norddeutsch nennen. Wegen einer Unterhaltungssendung werde ich meinen Duden nicht ändern.

Der Pümpel scheint Beistand zu brauchen, um sich zu behaupten. Da kann er von Glück sagen, dass es dafür schon einen Verein gibt. Die Ersten Pümpelfreunde Hannover und Umland (EPHAU e.V., gesprochen: efau efau) kümmern sich um ihn. Weiterhin viel Erfolg dabei.

Aromen für Herbst- und Winterabende

Die Tage werden kürzer, die Abende länger. Das ist die Jahreszeit für würzige Tees, Glühwein und andere duftende Heißgetränke, für aromatische Süßspeisen und winterliches Backwerk. Dafür habe ich mir Vanilleschoten und Zimtstangen bestellt, bei einem Spezialversand, der mehr Aroma verspricht als bei Industrieware.

Sonst kommt der Postbote immer erst gegen 11. Also noch schnell aufs Klo. Heute kam er um 10. Typisch. Jetzt darf ich mir die Lieferung von der Post abholen. Hoffentlich rücken die das Zeug da wieder raus. So gut hat es am Abholschalter nämlich bestimmt schon lange nicht mehr gerochen.

Mittwoch, 5. September 2007

Ein Visum ins Gluck

Auf kolumnen.de berichtet Guido Grigat über die Hoffnungen der Maria aus St. Petersburg. Sie baggert ihn an. Eine ellenlange E-Mail hat sie ihm geschrieben. Wer sie ist, was sie so macht, und welche Vorstellungen sie hat von einer gemeinsamen Zukunft mit ihm. Viele vor ihm werden das Angebot möglicherweise leichtfertig als Spam gelöscht haben. Den Fehler macht Guido Grigat nicht.

So gewohnlich, wie die Maria von sich selbst meint, ist sie doch gar nicht. Dass ihre munteren Worte jede Schreibblockade kurieren können, ganz ohne Pillen, rein homöopathisch, hat ihr vermutlich noch niemand gesagt.

Aber an ihr ist noch mehr dran.

Wer zugreift, kriegt als Zugabe brauchbare Schwiegereltern mitgeliefert. Ein Handwerker in der Familie kann nie schaden. Wenn Väterchen russische Lokomotiven reparieren kann, dann wird er bestimmt auch mit der hakenden Klospülung fertig. Und die Schwiegermutti bringt auch was mit. Die liegt auf der staatlichen Rente. Nicht zu verachten. Die Rente ist sicher, das hat der Norbert Blum schon immer gesagt.

Wenn es später mal gemeinsam mit Maria auf Heimaturlaub geht, kann alles mit dem Zug erkundet werden. Zum halben Fahrpreis. Der Papi wird das schon regeln mit seinem Personalrabatt. Man wird dann sehen, ob Nordvenedig schöner ist als das südliche. Worauf dieser romantische Name für die (nach Marias Zählweise:) zweite russische Stadt beruht, kann vor Ort geklärt werden. Irgendwas müssen die Städte ja gemeinsam haben. Vielleicht sind es die Gondeln, die Mafia, die Taubenscheiße. Oder ganz was anderes?

Urlaube in Deutschland werden auch billiger, denn mit Maria kann man sich ganz komfortabel bei der besten Freundin einnisten. Die hat sich schon den richtigen deutschen Mann geangelt, und dabei das große Geld, das Business und seine Firma gleich mit. Die Gluckliche. In der befreundeten Villa im Süddeutschen lässt es sich bestimmt gut ein paar Wochen aushalten, mit Butler, Park und Swimmingpool. Da kann man in Baden-Baden baden gehen. Gute Erholung.

Trotz allem wäre ich skeptisch, denn irgendwo hat doch alles einen Haken. Maria schreibt, der Mann ihrer Freundin habe ihr geholfen, ihr Visum zu machen. Meint sie damit wirklich ein Einreisepapier? Schwer vorstellbar, denn mit einer kleinen Fälscherwerkstatt im Hinterhof hat es noch niemand zu Wohlstand und Reichtum in Baden-Baden gebracht. Wer weiß, wobei ihr der gute Mann geholfen hat. Nachher liegt die Sache ganz anders, und Visum entpuppt sich als russischer Vorname. Und dann kommt Maria hier an, mit dem kleinen Visum auf dem Arm. Na sdorow'je.

Montag, 3. September 2007

Kurios: Kratzende Kunstwerke

Der Sommer 2007 reichte an den des Vorjahres nicht annähernd heran. Solch rosarote Brillen, die man aufsetzen müsste, um das so zu sehen, gibt es gar nicht. Nicht nur das trostlose Schmuddelwetter der vergangenen Monate ließ dieses Jahr dabei so schlecht abschneiden. Auch sonst fehlte das gewisse Etwas im Vergleich zum märchenhaften Sommer 2006. Aber eine Fußball-WM war nun mal nicht schon wieder im Angebot.

Die Engländer haben die Initiative ergriffen und sich ihr eigenes Highlight geschaffen. Hauptsache Weltmeisterschaft. Da gibt es doch noch ganz andere Wettstreite als immer nur Fußball. Man muss sich nur was Ausgefallenes einfallen lassen. Und für Kuriositäten sind die Briten ja bestens bekannt. Sie trinken Bier ohne Schaum. Zum Frühstück essen sie fette Bratwürste mit Bohnen. Außerdem fahren sie auf der falschen Straßenseite, was nur deshalb nicht in einer Katastrophe endet, weil das auf der Insel ausnahmslos jeder so macht. Und das sind nur einige ihrer Eigenheiten.

Bei so viel Fantasie zum Absonderlichen fand sich selbstverständlich auch eine Weltmeisterschaft, um dem Sommer zu einem strahlenden Abschluss zu verhelfen. Lustig wird es zugegangen sein auf der Bart-WM im englischen Brighton am vergangenen Sonnabend. Die Sportsmänner haben sicherlich stundenlang vor dem Spiegel gestanden, um möglichst weit oben auf dem Siegertreppchen zu stehen. Wahre Kunstwerke entstanden, dass es eine Freude ist. Gekämpft wurde in 17 Kategorien. Die deutschen Teilnehmer waren außerordentlich erfolgreich. Sie konnten zehn Trophäen mit nach Hause nehmen. Das muss gefeiert werden, was nicht unbedingt so weit gehen muss, wie bei der Fußball-WM 2006 mit einem Meer von Fahnen an Autos und Balkonen. Es wäre schließlich schade drum, wenn jemand seinen liebevoll gestylten Bart in den Landesfarben coloriert und anschließend aus dem fahrenden Auto hängt.

Freitag, 24. August 2007

Wird jetzt auch noch das Kleingeld teurer?

Das frühere "Haste-ma-ne-Mark?" wurde mit der Umstellung auf den Euro zunächst von der Frage abgelöst: "Können Sie mir vielleicht mit etwas Kleingeld aushelfen?" Nicht alles ist damals teurer geworden. Das hier wurde sogar billiger, jedenfalls bei entsprechendem Verständnis des Begriffs Kleingeld. Doch schon bald wurde 1:1 umgerechnet: "Haben Sie mal einen Euro für mich?" Jetzt gerät auch dieser Kurs ins Wanken. In einer Fußgängerzone wurde ich heute zum ersten Mal gefragt: "Haben Sie mal einen oder zwei Euro für mich?" Damit ist eine neue Tarifrunde eingeläutet worden, die allerdings vorerst gescheitert ist. Bei dem Preis wollte ich mit Kreditkarte zahlen. Darauf war sie technisch nicht eingerichtet. Mal abwarten, ob bald alle mit Lesegeräten ausgestattet sind.

Freitag, 10. August 2007

Ein Geschenk für Weltenbummler

"Wenn Sie schon etwas so Tolles verschenken," lobte mich die Kassiererin, während sie das von ihr kunstvoll dekorierte Päckchen in der edlen Tragetasche versenkte, "sollen Sie dafür natürlich auch belohnt werden." Dabei griff sie in die Schublade mit den Zugaben. Kein Einkauf in einer Parfumerie ohne Probierfläschchen. Die erste Belohnung war ein kleines Reagenzglas mit Stöpsel. Der neueste Herrenduft von einem Menschen mit einem klangvollen Namen, den ich allerdings noch nie gehört hatte. Und dazu gab es mal was ganz anderes: einen ledernen Kofferanhänger. "Darauf können Sie, wenn Sie verreisen, Ihren Namen schreiben und Ihre Anschrift," wurde mir erklärt. So hatte ich es mit Kofferanhängern bisher auch immer praktiziert. "Oder Sie sprühen Ihren Lieblingsduft darauf, um Ihr Gepäck besser finden zu können," riet mir die selbst intensiv duftende Kassiererin dann noch. Ich grinste freundlich, obwohl mir der Scherz reichlich an den Haaren herbeigezogen zu sein schien.

Neugierig holte ich das Ding schon am Ausgang aus der Tüte und sah es mir näher an. Ein Aufkleber auf der Verpackung zeigte eine Zeichnung mit der Gebrauchsanweisung. Aus einem stilisierten Sprühkopf schossen gepunktete Linien direkt auf das Etikett des Anhängers. Das war kein Scherz. Dieser Anhänger war tatsächlich als Duftmarke vorgesehen.

Dass jemand sein Gepäck auf dem Laufband in der Ankunftshalle erschnüffelte, habe ich noch auf keinem Flughafen beobachtet. Das könnte das Personal auch zu seltsamen Reaktionen veranlassen. Im günstigsten Fall fordern die dann ärztliche Hilfe an. Ob so ein Kofferanhänger mit Geruch bei den strengen Sicherheitsvorschriften überhaupt zulässig ist, kann bezweifelt werden, denn die Spürhunde der Sicherheitsdienste sollen sich auf ganz andere Aromen konzentrieren. So aber werden sie abgelenkt. Ich sehe schon Polizeihunde in Hundertschaften die Parfumerien stürmen, weil sie auf den Geschmack gekommen sind.

Mittwoch, 1. August 2007

Nochmal ÖPNV - Ein Erlebnis im Bus

Vorhin saß ich in einem Linienbus, der mich durch mir unbekanntes innerstädtisches Terrain chauffierte. Früher Nachmittag. Nur wenige Fahrgäste. Der feierabendliche Ansturm hatte noch nicht eingesetzt. Ruhe im Bus. Bis an einer Haltestelle eine Gruppe fröhlicher Jungen das öffentliche Verkehrsmittel stürmte. Die waren so ausgelassen, dass sie sich vor lauter Lustigkeit spontan auf den Boden warfen. Der Mittelgang und die zu dieser Zeit gerade kinderwagenfreie Abstellfläche an der Hintertür waren vollständig mit flach auf dem Boden liegenden Knaben bedeckt. Ein bis zwei Minuten brauchte ich, um zu begreifen, um was es ging. Und dann sah ich draußen auf dem Gehweg eine Horde Jungen im gleichen Alter, schwitzend und hechelnd im Dauerlauf, begleitet und angetrieben von ihrem Fußballtrainer. Ausdauertraining. Und neben mir lagen die Monatskarteninhaber des Vereins. Die hatten die Abkürzung gewählt, und pressten sich auf den Boden, um nicht gesehen zu werden.

Wir hatten, das ist Jahrzehnte her, in der Schule einen Sportlehrer, der uns gerne an einem Kanal entlanglaufen ließ. Beim Sportplatz ging das los, unter drei Brücken hindurch, über die vierte rüber und dann auf der anderen Seite zurück. Der Lehrer fuhr dabei mit seinem Auto (70er-Jahre, da fuhren Lehrer VW-Käfer) vom Sportplatz jedes Mal zu einer anderen Brücke, um die Leute zu überraschen, die zur Abkürzung den Kanal vorzeitig überquerten. Deswegen hatten wir keine Chance, ihn anzuschmieren. Bis auf eine, aber die war ziemlich ungemütlich, und ich kann mich nur an einen Fall erinnern, als ein Mitschüler die kalte und eklig braune Brühe des Stadtgrabens kurzerhand durchschwamm. Und das war noch einer der sportlichen, dem der ganze Lauf nichts ausmachte. Aber er wollte dem Lehrer die Lücke in seinem System zeigen, was den so gewurmt hat, dass er künftig seinen Käfer stehen ließ und immer mitlief. Immerhin eine sportliche Reaktion.

Übrigens hat unser Lehrer die Schwimmeinlage nicht übelgenommen, denn Schwimmen ist schließlich auch Sport. Bei der Benutzung eines Linienbusses hätte ich ihn allerdings nicht erleben mögen. Sportunterricht ist schließlich keine Formel 1.

Samstag, 28. Juli 2007

Ferngespräch im ÖPNV

Noch vor wenigen Jahren verzog sich fast jeder in stille Winkel, um zu telefonieren. Der Apparat stand zu Hause, in der Wohnung, wo man sich vor ungebetenen Lauschern sicher fühlte. Oder im Büro, wo die Kollegen schon deswegen nichts mitbekamen, weil sie selbst telefonierten. Wer dringend von unterwegs Kontakt aufnehmen musste, verschwand in einer Telefonzelle. Die war zwar gläsern, aber dafür so schalldicht, dass niemand aus der Schlange der davor Wartenden etwas davon mitbekam, was drinnen gesprochen wurde.

Das hat sich geändert, seit es Mobiltelefone gibt. Zu Hause telefonieren ist langweilig geworden. Telefonzellen sind aus dem Stadtbild verschwunden. Aber so ziemlich jeder, der sich in der Öffentlichkeit bewegt, telefoniert. Manch einer dem Anschein nach sogar ununterbrochen. Und kaum jemand ist noch bestrebt, niemanden mithören zu lassen. Im Gegenteil: Möglichst laut und deutlich wird gesprochen, so als ob die Aufmerksamkeit anderer geradewegs gesucht wird.

Besonders beliebt sind Ferngespräche in öffentlichen Verkehrsmitteln, bevorzugt in der U-Bahn. Gestern musste (nicht konnte oder durfte, sondern musste) ich Ohrenzeuge eines Gesprächs eines ziemlich jungen weiblichen Wesen werden, das, wie sich aus ihren Worten ergab, gerade ihre Schulzeit beendet hatte. Sie saß auf der anderen Seite des Mittelganges, gut einen Meter von mir entfernt, und ging, mit wem auch immer, die Liste aller Mitschüler durch. Tatsächlich nur die männlichen, denn die weiblichen interessierten in den erörterten Zusammenhängen wirklich nicht. Knabe auf Knabe wurde durchgehechelt, wie er denn so sei, und wie er damals ... (was dann meist unverständlich blieb, weil es in kreischendem Lachen unterging). Außerdem informierte meine Mitreisende eingehend über die weitere Lebensplanung der jungen Herren. Von einem wurde der Besatzung des U-Bahn-Waggons mitgeteilt, der gehe nach Spanien, in einen Ferienclub, um da Geld zu verdienen, als Amateur. Recht so, immer schön bescheiden, erst mal klein anfangen, als Amateur. Die Profilaufbahn wird sich später schon noch ergeben. Schließlich wurde klar, dass meine ÖPNV-Mitreisende mit etwas weiblichem sprach. Sie schlug nämlich vor, man könne doch mal wieder zusammen ausgehen, und zwar "ohne Männer und so". Unter Männern kann ich mir etwas vorstellen, aber was ist "und so"? Ich weiß es nicht. Das ist eines der Rätsel, die nach U-Bahn-Fahrten ungelöst bleiben.

Eigentlich ist es an der Zeit, dass ich bald mal wieder meine Nummer abziehe. Mitten in der vollbesetzten U-Bahn das Handy ans Ohr nehmen, und dann laut rufen: "Ja, könnt Ihr denn nicht einmal etwas ohne mich entscheiden!" Das wirkt immer. Damit kriegt man jeden U-Bahn-Wagen ruhig, mag er auch noch so überfüllt sein. Und dann können die anderen rätseln, was für ein wichtiger Mensch ich sein mag.

Freitag, 20. Juli 2007

Mittagsruhe

Wenn ich sie nicht rein zufällig hätte heranfliegen sehen, wäre sie mir bestimmt gar nicht aufgefallen. Mit einem Affenzahn kam sie an und landete im Sturzflug im Strauch vor meinem Fenster. Ihr Tarnanzug machte sie aus meinem Abstand von geschätzt gut zwei Metern mit bloßem Auge unentdeckbar. Erst nach einigem Suchen durch das voll herangezoomte Objektiv meines schnell herbeigeholten Fotoapparates fand ich sie wieder. Eine Libelle machte ein Nickerchen zur Mittagszeit, ein mitten in der Großstadt wohl eher seltener Gast. Mir ist da jedenfalls noch keine begegnet.


Dafür, dass ich die Fotos aus der freien Hand aufgenommen habe, bin ich damit eigentlich ganz zufrieden. Insgesamt habe ich fünf Bilder geschossen, dieses hier eingeschlossen. Die komplette Serie kann hier angesehen werden.

Ich bin kein Insektenkundler, habe mich aber im Internet mal ein wenig umgesehen. Es gibt jede Menge Libellenarten. Bei diesem Exemplar könnte es sich um eine blaugrüne Mosaikjungfer handeln.

Libellenlinks:
http://de.wikipedia.org/wiki/Libellen
http://de.wikipedia.org/wiki/Blaugr%C3%BCne_Mosaikjungfer
http://www.biologie.uni-ulm.de/bio3/public_html/A_cya.html
http://www.augenblicke-eingefangen.de/libellen.php

Sonntag, 8. Juli 2007

Berlin ist eine Reise wert

Als Berlin noch geteilt war, warb der westliche Teil der Stadt mit diesem Slogan um Besucher. Schandmäuler fügten damals garstig hinzu: "Aber auch nur eine." Heute ist das anders. Die Stadt hat sich verändert. Die Reise dorthin auch. Wenn ein Zugbegleiter in mundartlich heiterem Englisch "Berlin Hauptbahnhof" als nächsten Halt ankündigt, und sich dabei auch noch bedankt: "Tsänk you foor dräffelink wis Doitsche Bahn", dann war schon diese Lautsprecheransage allein die Reise wert. Wer dann trotzdem noch aussteigt, sollte überlegen, ob er hier nur einen Sicherheitsabstand zu den Zügen einhalten will, oder, weitreichender als anderswo, sogar vom ganzen Gebäude. Vorsicht an der Bahnhofskante! Schließlich ist da schon mal was runtergefallen. Den größten Kreuzungsbahnhof Europas habe ich aus sicherer Entfernung fotografiert. Das Original schien mir gerade zu sein. Deswegen liegt die schräge Darstellung der senkrechten Stahlträger auf dem Bild hoffentlich nur am optischen Effekt stürzender Linien bei der Architekturfotografie. Diese perspektivische Verzerrung herkömmlicher Kameraobjektive soll ja angeblich nur zu vermeiden sein, indem man möglichst überhaupt keine Gebäude fotografiert. Außer, wenn es gar nicht anders geht, weil man eins verkaufen will. Für die Immobilienanzeige. Manche Gebäude sind allerdings wirklich schief. Aber wer weiß das schon? Das kann ja auch am Foto liegen.

Berliner Hauptbahnhof auf Google-Maps ansehen.

Mittwoch, 20. Juni 2007

Wirtschaftsförderung

Heute stöberte ich in einem Geschäft mit einer reichhaltigen Auswahl an Badezimmerzubehör. Ein Set mit zwei Drahtkörben gefiel mir. Die können ganz ohne Bohrlöcher und Schrauben, nur mit Saugnäpfen, also im Rahmen meiner handwerklichen Fähigkeiten, an den Wandfliesen befestigt werden. Ich ging damit zur Kasse. Dahinter stand eine freundliche Dame, vor einer in ihrer ganzen Höhe mit Kaffee gefüllten Regalwand. Ein Sanitärfachgeschäft mit Kaffeeabteilung? Oder umgekehrt?

Als ich den Karton zum Bezahlen auf den Tresen legte, wurde mir, ohne dass ich mich danach erkundigt hätte, mitgeteilt, dass die beste Kaffeesorte gerade im Angebot sei. Ob ich da nicht zugreifen wolle. Das sei zuviel der Ehre, entgegnete ich, dafür sei ich zu bescheiden. Für mich käme bestenfalls die zweitbeste Bohne in Frage. In welchem Preissegment denn die angesiedelt sei. Worauf ich erfuhr, dass man gar keinen zweitbesten Kaffee im Sortiment habe. Nur besten. Und milden. Und koffeinfreien. Und handverlesenen. Überhaupt eigentlich alle möglichen Sorten. Nur leider keinen zweitbesten. Damit war das Kaffeethema erledigt.

Jetzt wurde ich, wiederum ungefragt, gefragt, ob ich denn schon die Kundenkarte des Unternehmens hätte. Die habe ich nicht. Das musste ich einräumen. Die Dame fand das schade, aber man könne das ja ändern, was ich aber gar nicht wollte. Das fand sie unklug. Zwar koste die Kundenkarte einen Jahresbeitrag von 8 Euro, aber dafür erhielte ich doch immerhin fünf Gutscheine über je 2 Euro, insgesamt als 10 Euro. Der Vorteil liege doch auf der Hand, was ich nicht leugnen konnte. Ich dankte freundlich für das Angebot, wollte aber keine Umstände machen. Der Einfachheit halber, und um ihr Schreibkram zu ersparen, bat ich darum, mir gleich die 2 Euro in bar zu geben. Warum sie das nicht wollte, habe ich nicht verstanden, aber wir fanden auch hier nicht zueinander.

Sichtlich enttäuscht nahm die koffeinangeregte Sanitärzubehörartikelfachverkäuferin jetzt den Karton mit den Wandkörben in die Hand und wandte sich der Kasse zu, sah sich aber vorerst weiterhin außerstande, mir mein Geld abzunehmen. Obwohl sie doch vorher schon einiges Interesse daran gezeigt hatte. Jetzt wollte sie erst einmal meine Postleitzahl wissen. In spannender Erwartung sah sie mich fragend an. Das war mir nun aber beim besten Willen zu hoch. Ich wollte meine Erwerbung doch gleich selbst mitnehmen, und mir nicht zuschicken lassen. Als ich ihr das zu vermitteln versuchte, gab sie mir zu verstehen, das sei wegen der Marktforschung. Dafür brauche sie die Postleitzahl. Überrascht hat mich das nicht, denn in letzter Zeit werde ich immer öfter in immer mehr Geschäften an der Kasse nach meiner Postleitzahl gefragt. Aber ich wollte doch nur die Wandkörbe mit den dazugehörigen Gummisaugern. Keinen Kaffee, keine Kundenkarte, und erst recht keine Durchleuchtung meiner persönlichen Daten. Aber das jetzt mit ihr auszudiskutieren, erschien mir wenig erfolgversprechend. Weil ich aber, und das ja wohl mit Recht, annehme, insoweit nicht der Wahrheitspflicht zu unterliegen, spielte ich diesmal mit. Ich wollte ihr doch wenigstens eine kleine Freude machen. 0-1-9-6-8 gab ich als Postleitzahl an. Reine Phantasie. Aber ihr hat das genügt. Sie lächelte, tippte die Zahlen ein, ich bezahlte und sie verpackte den Karton in einer Tragetüte. Eine Werbezeitschrift mit dem Fernsehprogramm der nächsten Woche gab es gratis dazu.

Wieder zu Hause eingetroffen, habe ich dann geforscht, welchen Ort ich denn zufällig ausgewählt hatte. 01968 ist die Postleitzahl von Senftenberg, das sich mit mehreren Ortsteilen um den Senftenberger See herum erstreckt. Senftenberg liegt im eher strukturschwachen Bundesland Brandenburg. Da habe ich doch eine gute Wahl getroffen. Ob ich diese Postleitzahl jetzt immer angebe, wenn ich mich aus den Klauen der Marktforschung befreien muss? Dann bliebe nur noch abzuwarten, wie lange es dauert, bis die Statistiker deswegen in der Region Senftenberg hohe Kaufkraftreserven vermuten. Vielleicht siedeln sich Handel und Industrie dann verstärkt dort an. Einkaufzentren schießen wie Pilze aus dem Boden, dazu Hotels und Gaststätten, Freizeiteinrichtungen, vielleicht sogar Kaffeegroßröstereien. Eigentlich schade, dass ich Senftenberg gar nicht kenne.

Senftenberg auf Google-Maps ansehen.

Sonntag, 20. Mai 2007

Bin ich denn blöd?

Ich habe mir einen neuen mp3-Player geleistet. Lange hatte ich danach Ausschau gehalten, bisher aber noch nicht das Passende gefunden. Gestern lag ein Prospekt in der Zeitung. Das war ein wirkliches Schnäppchen, und nach kurzem Googeln schien das ein Treffer zu sein. Ein paar Fragen hatte ich zwar noch, aber die wollte ich im Laden klären. Also nichts wie hin. Die Kartons lagen massenweise im Regal. Reinschauen durfte man nicht. Alles versiegelt und mit Packbändern umschnürt. Die Beschreibung auf der Packung war mikroskopisch klein, aber mit angestrengtem Augenkneifen und unter voller Ausnutzung der Armlänge eines Altersweitsichtigen konnte ich sie schließlich doch entziffern. Was ich mir hätte sparen können, weil meine Fragen damit nicht beantwortet waren.

Also noch einmal tief durchgeatmet, und dann rein ins Abenteuer. Ich sprach einen Verkäufer an.

Ob der Player auch unter meinem PC-Betriebssystem laufe, wollte ich wissen. Auf der Packung sei das nicht erwähnt. Der hochmotivierte Elektronikfachverkäufer beriet mich: "Müsste eigentlich." Müsste! Bloß nicht festlegen. Der Mann hat das Zeug zum Politiker. Aus dem kann noch was werden. Als er merkte, dass mich seine Auskunft nicht zufrieden gestellt hatte, wusste er die Lösung. Wie sich das für einen Politiker gehört. "Wenn das nicht geht, können Sie ihn ja zurück bringen." Eigentlich hat er ja Recht. Wir Deutsche sollen uns schließlich mehr bewegen. Wegen der Gesundheit. Und um mich zu beruhigen (durch und durch Politiker, der Mann) fügte er hinzu: "Wird schon. Das Teil ist voll krass." Das war doch mal ein überzeugendes Argument. Sprachlich zwar unüblich, denn an ein "voll krass" schließt sich nach dem Regelwerk der neuen deutschen Umgangssprache zwingend ein "Alter" an. "Das Teil ist voll krass, Alter," hätte er sagen müssen. Er war sich aber wohl nicht sicher, ob ich ihm den "Alten" übelgenommen hätte. Da hat er ihn vorsichtshalber weggelassen. Man muss schließlich nicht alles sagen, was man denkt. Als Nachwuchspolitiker schon gar nicht.

In mir regten sich Zweifel, ob ich da an den richtigen Mann geraten war. Aber ich hatte keine andere Wahl. Außerdem hatte er viel zu tun. Ich war schließlich nicht der einzige, um den er sich kümmern musste. Dabei durfte ich ihn doch nicht stören. Eins traute ich mich aber doch noch zu fragen. Warum denn kein Ladegerät in der Packung sei. "Egal, lädt über USB." Tut mir leid für ihn, aber ich muss schon wieder unzufrieden ausgesehen haben. "Wenn Sie viel unterwegs sind, gibt es Ladegerät extra zu kaufen," beriet er mich. Ohne ihn näher über meine Reisegewohnheiten aufzuklären, fragte ich nur: "Wie teuer?" "Noinnoinunnoinzich." Auf mein "In Ordnung, dann nehme ich das gleich mit" gab er mir noch ein kleines Überraschungspäckchen dazu. Artig dankend trat ich damit ab, an die Kasse.

Zu Hause entpuppte sich der mp3-Player wirklich als Glückskauf. Funktioniert einwandfrei, wird vom PC erkannt und lässt sich sogar wie ein Laufwerk ohne zusätzliche Software beladen. Das habe ich gleich beim ersten Anschließen an den PC untersucht. Sowas wollte ich haben.

Dann holte ich das Ladegerät aus dem Karton und wollte sein Kabel mit der USB-Buchse des mp3-Players verbinden. Das ging aber nicht. Auf der Packung las ich jetzt: "USB-Anschluss (weiblich)". Wer denkt sich bloß solche Begriffe aus? Aber wenigstens habe ich an diesem praktischen Beispiel gelernt, was damit gemeint ist. Wenn am mp3-Player eine Buchse ist, genauso aber auch am Ladegerät, dann passt das nicht zusammen. Denn es fehlt etwas zum Reinstecken.

So wird es also doch noch etwas mit meiner Bewegung. Ich muss zurück ins Fachgeschäft, um das Ladegerät umzutauschen. Wie der Verkäufer wohl reagieren wird, wenn ich ihm mitteile, mit der weiblichen Ausführung könne ich nichts anfangen, ich bräuchte einen Mann? Immerhin hat er mir das falsche Gerät selbst in die Hand gedrückt. Ob er den Unterschied vielleicht gar nicht kennt? Aber da unterschätze ich ihn ganz bestimmt. Schließlich ist er Fachverkäufer in einem großen Elektronikmarkt. Der ist doch nicht blöd.

Samstag, 12. Mai 2007

In vino veritas

Vor Stunden hatte ich die Weinflasche entkorkt. Rotwein muss atmen, um sich zu entfalten. Vorher sollte man ihn nicht trinken, sonst hat man keine Freude daran. Und das soll man ja. Steht so in der Bibel. Im Alten Testament wird der Schöpfer dafür gepriesen, „dass der Wein erfreue des Menschen Herz“ (Psalm 104, 14 f). Mein Bordeaux war offensichtlich nicht fromm, denn der machte sich gestern Abend ganz unfreundlich mit seiner Flasche selbstständig und fiel um, ganz von allein. Und dann lief er über den Tisch und runter auf den Teppich. Ich lief in die Küche und holte mir meinen gesamten Salzvorrat. Alter Hausfrauentipp: Auf Rotweinflecken sofort Salz streuen. Hat auch über Nacht gewirkt. Das Salz hat einiges vom Rotwein aufgesogen. Aber Flecken sind trotzdem geblieben. Auf dem Aufkleber unter meinem Teppich steht als Farbe: bordeaux. Wenn der Wein bordeaux ist und der Teppich auch, dürfte es aber doch gar keine Flecken geben. Das wäre doch eigentlich logisch. Irgendwas stimmt da nicht. Entweder ist der Teppich nicht bordeaux oder nicht der Wein. Man darf eben nicht alles glauben, was geschrieben steht. Das hat mich der verschüttete Wein gelehrt. Im Wein steckt bekanntlich immer auch ein wenig Wahrheit. In vino veritas.

Sonntag, 29. April 2007

Der Name der Kaffeebohne

In der gemeinsamen Grabstätte der Familie Tchilinghiryan auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg ist auch der 1987 gestorbene Carl Tchilinghiryan beigesetzt worden. Nur die wenigsten werden schon einmal von ihm gehört haben. Obwohl sein Name heute noch in aller Munde ist. Nicht der ganze Name. Den könnte ja auch kaum jemand fehlerfrei aussprechen. Aber die ersten vier Buchstaben. TCHI. Carl Tchilinghiryan verstand sich auf das Rösten von Kaffeebohnen. 1949 gründete er zusammen mit Max Herz ein Unternehmen für den Versand von Röstkaffee. Und weil jedes Kind einen Namen haben muss, hängten sie dem TCHI noch die beiden Anfangsbuchstaben der BOhne an. Zusammen ergab das TCHI-BO. Und so heißt das Unternehmen heute noch. 1955 wurde in Hamburg das erste Ladengeschäft eröffnet. Heute gibt es allein in Deutschland rund 1000 davon. Was mit Kaffee begann, ist heute eine ganz andere Welt. Noch dazu jede Woche eine neue, mit wechselnden Angeboten anderer Produkte. Davon hat wohl jeder schon mal etwas gekauft, und manches Mal hinterher bemerkt, dass er das eigentlich gar nicht brauchte. Aber dafür war es sehr günstig. Kaffee gibt es bei Tchibo übrigens immer noch. Und jede Woche eine kostenlose Fernsehzeitung. Jetzt wissen wir endlich auch, woher der Name Tchibo kommt.


Die Skulptur "Liegende" auf dem Familiengrab Tschilinghiryan schuf der Bildhauer Richard Kuöhl 1927.





Erwähnenswert ist auch die Inschrift auf dem Grabmal (wohl:) der Eltern:

ICH DACHTE HIN ICH DACHTE HER,
UM GLÜCK FÜR DICH ZU WERBEN
NUR AN DAS EINE DACHT ICH NICHT,
DASS DU MIR KÖNNTEST STERBEN

Familiengrabstelle Tschilinghiryan auf Google-Maps ansehen.

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Quellen:
http://www.markenlexikon.com/produkte_t.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Tchibo
http://www.tchibo.com
http://www.friedhof-hamburg.de/ohlsdorf/spazierg/prominente.htm

Freitag, 27. April 2007

Wir sind König

Auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg entdeckte ich diesen Grabstein. Otto Witte liegt hier begraben, der mit seinem Allerweltsnamen an sich noch keine Aufmerksamkeit erregt. Der Zusatz auf seiner Grabplatte machte mich aber dann doch so neugierig, dass ich davon Fotos schoss. Ehemaliger König von Albanien soll Otto Witte gewesen sein, hat der Steinmetz vermerkt. Bei einer Visitenkarte hätte ich das wahrscheinlich mit einem Kopfschütteln abgetan. Papier ist schließlich geduldig und muss deswegen allzu oft großen Unsinn ertragen. Hier hat sich aber jemand die Mühe gemacht, die Sache in Stein zu meißeln. Da lohnte sich dann doch, mal nachzuforschen, ob da was dran ist.

Obwohl Otto Witte nicht gerade ein typisch aristokratischer Name ist und sich deshalb für einen König wenig eignet, schon gar nicht für den von Albanien, ist die Geschichte, die ich dazu herausgefunden habe, ebenso abenteuerlich wie berichtenswert. Niemand soll weiterhin behaupten, Steine könnten nicht reden. Dieser Grabstein kann es.

Otto Witte wurde in Diesdorf bei Magdeburg geboren, am 16. Oktober, nach der Inschrift auf dem Grabstein im Jahre 1872, was wohl die unbedeutendste Ungereimtheit in seinem Lebenslauf ist. In seinem letzten Bundespersonalausweis stand als Geburtsjahr nämlich 1871. Welche Jahreszahl die richtige ist, braucht hier nicht vertieft zu werden. Das ist für seine Regentschaft vollkommen unerheblich. Jeder mag für sich selbst entscheiden, wem er mehr vertraut, dem Steinmetz oder dem Beamten.

Bei herumreisenden Schaustellern aufgewachsen, blieb bei Otto Witte die Schulbildung auf der Strecke. Nur zwei Jahre soll er eine Schule besucht haben. Mit Lesen und Schreiben war daher bei ihm nicht viel los. Dafür verstand er sich umso besser auf Zauberkunststücke und Wahrsagerei durch Handlesen. Damit schlug er sich erst einmal durchs Leben, bis er zunehmend mit viel Charme und einer unübertrefflichen Dreistigkeit in Situationen geriet, die bei seiner Herkunft wohl niemand vorausgesehen hatte. Er führte seine Kunststücke sogar dem serbischen Königspaar vor, schloss sich einer Nilexpedition an, war Taucher bei einer Tiefseeexpedition in Indien und noch allerlei mehr. Bei der Fremdenlegion ging er stiften, weil es ihm da nicht gefiel. Ein Zubrot verdiente er sich mit Schmugglergeschäften. Auch Papiere wurden gefälscht, wenn das was einbrachte. Nebenbei eroberte er mehrfach Frauenherzen, wobei er streng darauf achtete, dass die Damen wohlhabend genug waren, um ihn eine Zeitlang angemessen zu unterhalten. Er soll sogar einmal mit einer richtigen Prinzessin durchgebrannt sein, was allerdings nicht lange dauerte. Die beiden wurden bald wieder eingefangen, worauf Otto im Kerker landete und die Prinzessin auf dem Schoße ihres Vaters, der ihr nach derlei Ungezogenheit kräftig den Hosenboden stramm zog. Irgendwie schaffte Witte es, sich aus dem Gefängnis zu befreien. Später zog er über Jahrmärkte, bändigte Raubtiere, und zeitweise soll er auch eine Abdeckerei geführt haben, und eine Obstplantage.

Zwischendurch war er auch mal kurz König von Albanien. Fünf Tage nur, aber immerhin. Die Gelegenheit war günstig, und da überlegte ein Otto Witte nicht lange, sondern er griff einfach zu.
Nach dem ersten Balkankrieg im Jahre 1912 war Albanien selbstständig geworden. Otto Witte hatte sich bei der türkischen Armee verdingt und war dort, als Belohnung für erfolgreiche Spionagedienste, schnell zum Major aufgestiegen. Die politische Lage in Albanien war unsicher. Die Einsetzung eines Königs sollte Ruhe schaffen und die Nachbarstaaten davon abhalten, sich Albanien einzuverleiben. Ein Neffe des Sultans, der Prinz Halim Eddine, war als Monarch vorgesehen. Davon erfuhr Otto Witte, der oft darauf angesprochen worden war, dass er diesem Prinzen äußerst ähnlich sehe. Das musste er doch ausnutzen. Zusammen mit seinem Freund und Kollegen, dem Schwertschlucker Max Schlepsig, reiste er nach Albanien. Bei einem Kostümverleih erwarb er eine Phantasieuniform, damit man ihm seine hohe Stellung auch abnehmen sollte. Mit zwei getürkten Telegrammen kündigte er der albanischen Regierung die Ankunft des türkischen Prinzen an, der derweil nichtsahnend in Konstantinopel saß. Die prachtvolle Uniform und die Ähnlichkeit Wittes mit dem Prinzen verfehlten ihre Wirkung nicht. Man nahm ihm ab, Prinz Halim Eddine zu sein. Am 15. Februar 1913 wurde er feierlich zum König von Albanien gekrönt. Seinen Freund Max Schlepsig beförderte er vom Schwertschlucker zum Kammerherrn. Otto Witte, jetzt König von Albanien, nahm unverzüglich seine Amtsgeschäfte auf, indem er eine Regierung einsetzte und Kommandeure ernannte. Damit war die Arbeit verteilt. Er selbst gab Festbankette, ließ sich feiern und vor allen Dingen, nach alter orientalischer Sitte, von den Damen seines Harems verwöhnen. Schon nach wenigen Tagen wurde es allerdings ungemütlich, denn der wirkliche Prinz Halim Eddine hatte sich aus Konstantinopel gemeldet. Der hatte davon erfahren, dass er zum König von Albanien gekrönt worden sein sollte, wovon er aber gar nichts wusste. Otto Witte, seitdem wieder bürgerlich, und Max Schlepsig verdufteten am 19. Februar 1913 aus Albanien, natürlich nicht, ohne sich vorher schnell noch einmal kräftig aus der königlichen Schatzkiste bedient zu haben. Sie entkamen gerade noch rechtzeitig. Sonst hätte man ihnen vermutlich die Köpfe von den Rümpfen abgetrennt, eine Behandlung, die sich im Verlaufe der Geschichte schon einige Monarchen gefallen lassen mussten, die ihr Volk verärgert hatten. Verdenken können hätte man das den betrogenen Albanern nicht.

Ob die Geschichte stimmt oder ob sie nur in Otto Wittes Phantasie stattgefunden hat, wird wohl nie geklärt werden. Vermutlich von beidem etwas. Sein Geheimnis hat Otto Witte nach seinem Tod am 13. August 1958 in Hamburg mit in sein Grab auf dem Ohlsdorfer Friedhof genommen. Auf alle Fälle muss er seine Erlebnisse überzeugend dargelegt haben, denn immerhin hat ihm das damalige Reichsgericht ausdrücklich das Recht zugesprochen, den Titel des ehemaligen Königs von Albanien im Rechtsverkehr offiziell zu führen. Er war in seinem Ausweis eingetragen und Behörden haben die Post an ihn auch so adressiert. Dann gehört das selbstverständlich auch auf seinen Grabstein.

Als 2005 ein Deutscher zum Papst gewählt wurde, prangte die Schlagzeile Wir sind Papst auf der Titelzeile einer deutschen Zeitung. Ob die Idee so neu war? Wer weiß? Vielleicht war schon 1913 zu lesen: Wir sind König von Albanien.

Otto Wittes Lebensgeschichte diente als Stoff für einen Roman von Harry Turtledove (Every Inch a King), wurde außerdem von Alfred Lux literarisch verarbeitet und ist Vorlage des Musicals Fünf Tage König von Johannes Schlecht und Margot Friedrich.
Otto Witte selbst hatte seine Erlebnisse schon 1932 und 1939 als Buch veröffentlicht.

Grabstelle des "ehemaligen Königs von Albanien" auf Google-Maps ansehen.

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Die Informationen zu Otto Witte stammen aus den folgenden Quellen im Internet:
http://www.heimbacher-infoblatt.de/K%C3%B6nig%20von%20Albanien.htm (mit Foto des Personalausweises des ehemaligen Königs von Albanien)
http://www.ansichtskarten-pankow.de/witte.htm (Bildergalerie, unter anderem mit zwei Behördenbriefen an den ehemaligen König von Albanien)
http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Witte (Wikipedia deutsch) http://en.wikipedia.org/wiki/Otto_Witte (Wikipedia englisch)
http://www.soem.info/guenstedt/sagen.php?id=4
http://www.franzoesisch-buchholz.de/witte.html
http://www.vcp-pankow.de/owkoenig.html
http://www.luise-berlin.de/Bms/bmstxt97/9712lexa.htm
http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,868723-1,00.html (TIME-Artikel vom 25. August 1958 zum Tode von Otto Witte)

Montag, 23. April 2007

Rauchzeichen

Immer, wenn aus meinem Computer dieser Gong ertönt, den ein amerikanischer Software-Riese für den Posteingang komponiert hat, reagiere ich zwanghaft.

Das war schon so, als ich noch rauchte. Dann zündete ich mir bei dem Signal erstmal eine Zigarette an und qualmte genüsslich, während ich rätselte, wer mir wohl geschrieben haben mag. Das hätte ich natürlich ganz schnell herausfinden können, einfach nur nachzusehen brauchen, aber für einen zutiefst abhängigen Raucher ist schließlich alles Grund genug, sich eine ins Gesicht zu stecken. Außerdem fiel es mir dadurch leichter, die E-Mails nicht sofort zu beantworten. Niemand sollte denken, ich hätte sonst nichts zu tun.

Seit ich das Rauchen aufgegeben habe, läuft das anders ab. Jetzt wird nicht mehr am Glimmstängel gezogen, und daher zieht auch die Masche mit der Verzögerungstaktik nicht mehr. Im Gegenteil. So spontan, wie ich damals in der Zigarettenschachtel fingerte, greift meine Hand heute zur Maus. Ganz schnell klicken und lesen. Als ob ich nur das eine Laster gegen ein anderes ausgetauscht hätte. Das soll mir recht sein, denn gesünder ist es dadurch auf alle Fälle geworden, und billiger sowieso.

Ein gehöriger Anteil der Depeschen, die auf meiner Festplatte eintrudeln, sind Newsletter. Eine wundervolle Einrichtung. Ich brauche nur einmal auf irgend einer Webseite meine E-Mail-Adresse einzugeben, und schon klingelt es regelmäßig in meinem elektronischen Briefkasten. Zigaretten konnte ich mir noch selber kaufen, aber um meine E-Mail-Sucht zu befriedigen, müssen mir schon andere helfen.

Die meisten Newsletter sind nicht sonderlich spannend, sondern im Grunde nur Reklame. Da verschaffe ich mir Abwechslung, indem ich immer mal wieder welche abbestelle und dafür neue abonniere. Manche, allerdings nicht viele, sind aber tatsächlich informativ oder unterhaltsam. Einer davon kommt von kolumnen.de, wo ein buntes Sammelsurium von Autoren Texte veröffentlicht. Alle paar Tage gibt es da was Neues zu lesen, ab und an auch zu hören. Vieles davon gefällt mir. Da stöbere ich gern.

Neulich wurde ich in dem Newsletter gefragt, ob ich mir das etwa so vorstelle, dass man das dort alles nur zum Spaß veranstalte. Warum denn bloß niemand die neueste Kolumne von Elke Schröder lese, Nikotinabusus, das verstehe er nicht, der Herausgeber. Die Anfrage kam am 13., und das war ein Freitag. An so einem Tag läuft ja gelegentlich einiges anders als sonst. Ob das der Grund für die ziemlich barsche Fragestellung war? Oder ob sich der Verfasser des Newsletters gerade selbst das Rauchen abgewöhnt? Dann wäre das verständlich, denn bei Entzug reagiert man gelegentlich etwas eigenartig. Bei mir war das zwar nicht so, aber sowas ist selten. Außer mir selbst war das auch niemandem aufgefallen. Oft musste ich mir anhören, ich solle nur möglichst schnell wieder rauchen, sonst sei ich ungenießbar. Und dabei war ich vollkommen ausgeglichen. Das weiß ich genau.

Selbstverständlich hatte ich die Kolumne gelesen. Und das, bitteschön, ganz freiwillig, nicht erst auf Drängen. Der Zorn gegen mich war unbegründet. Als von der Sucht befreiter Ex-Raucher konnte ich gar nicht anders. Bei dem Titel: Nikotinabusus. Obwohl ich zuerst noch nicht wusste, dass die Autorin beschreibt, welche Absonderlichkeiten sie bei sich feststellte, als sie sich vom blauen Dunst verabschiedete. Sie war als Raucherin aber auch zu verächtlich behandelt worden. Da blieb ihr wirklich keine andere Wahl. Da musste sie durch.

Ich habe gelesen, was die Verfasserin erlebte, als sich die Rauchschwaden um ihren Kopf zu lichten begannen. Plötzlich habe sie Dinge bemerkt, die ihr bislang entgangen waren. Zum Beispiel den Kölner Dom. Der müsse wohl über Nacht aus dem Boden gestampft worden sein. Nun gut, mehr kann man am Anfang nicht erwarten. Immerhin wird die Kathedrale jetzt überhaupt wahrgenommen. Aber ein wenig vernebelt scheint der Blick dabei noch zu sein. Aus dem Boden gestampft, das klingt ja so, als ob der Kölner Dom fertiggestellt worden sei. Niemals. Er ist eine ewige Baustelle. Das war er bisher und das wird er immer bleiben. Der Kölner Volksmund unkt mit Recht, dass die Welt untergehe, falls der Dom einmal fertig werde. Eher wäre ja sogar noch damit zu rechnen, dass Rauchen wieder salonfähig wird. Dem lieben Gott geht es mit seinem Dom zu Köln nicht besser als jedem anderen Bauherrn. Die Handwerker machen da keinen Unterschied. Ihre Zeitrechnung wird in Ewigkeiten gemessen. Das hat sicher auch mit den vielen Zigarettenpausen zu tun.

Und dann all die Fragen, die auftauchen, wenn der im Blut reichhaltig vorhandene Sauerstoff zunehmend giftfrei wird: Richtet sich der Gebührenzähler danach, wenn der Telefonhörer aufgelegt wird? Was macht der Kühlschrankbeleuchter hinter der geschlossenen Tür? Da braucht man als Nichtraucher schon mal was zur Beruhigung. An den Griff zur Flasche wäre zu denken. Aber ist das wirklich die Lösung? Ich empfehle: Newsletter lesen. Das lenkt ab.

Sonntag, 22. April 2007

Ein Griff ans Gesäß

Bei dieser Skulptur an einem Hamburger Eckhaus bleibt ungeklärt, warum sich der Jüngling während seiner Kletterpartie so kräftig den Hintern massiert. Wollte der Bildhauer davor warnen, dass Fassadenkletterer vom Riesenschnauzer des Hausmeisters gnadenlos gebissen werden? Oder sollten den jugendlichen Knaben tatsächlich schon die Hämorriden plagen?

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Entdeckt am Eckhaus Rademachergang/Breiter Gang in Hamburg-Neustadt.
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Dienstag, 17. April 2007

Seefahrer-Motto

Lewer en lütt Herr
as en grot Knecht.
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Übersetzung aus dem Plattdeutschen:
Lieber ein kleiner Herr
als ein großer Knecht.
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Kein schlechter Wahlspruch, den sich der Schiffer da auf sein Boot geschrieben hat.
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auf dem Ewer Moewe (Baujahr 1907).
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Samstag, 31. März 2007

Rohe Gewalt

Endlich habe ich mich aufgerafft, habe den Uralt-Rechner aus dem Regal genommen, um ihn zu entsorgen. Das Teil stand da jahrelang ungenutzt rum. Wie alt er ist, weiß ich gar nicht mehr. Technisch ist er ganz bestimmt nicht mehr zu gebrauchen. Nur die Festplatte hatte mich bisher davon abgehalten, ihn dem Elektronikschrott zu überantworten. Ich möchte nämlich nicht, dass irgend jemand meine Daten liest.

Gestern war es soweit. Ich habe ihn aufgeschraubt und die Festplatte ausgebaut. Der Rest kommt zum Recyclinghof. Bei der ganzen Schrauberei habe ich mich natürlich deftig geschnitten. Scharfe Kanten hat das Innenleben dieser Monstren ja genug.

Und jetzt sitze ich hier vor der ausgebauten Festplatte und frage mich, wie ich sie unbrauchbar machen kann.

Die Möglichkeit, sie von einer Hafenfähre aus mit Schwung in der Elbe zu versenken, mitten in der Fahrrinne, habe ich schon mal verworfen. Das wäre wohl erstmal nicht legal, und außerdem haben wir ja gerade am Rhein erlebt, was da gelegentlich bei Bergungsaktionen so alles aus den Flüssen gefischt wird.

Schraubenzieher, Kneifzange, mein gesamtes Werkzeug ist vollkommen nutzlos. Das Plattengehäuse ist nicht verschraubt, sondern vernietet, und sieht so stabil aus, als ob es für die Ewigkeit gebaut ist.

Aber wozu gibt es google? Die Anfrage alte festplatte unbrauchbar machen bringt immerhin 54.200 Treffer. Aber schon der erste hat geholfen. Ich stelle mich nicht etwa dämlich an, sondern es geht wirklich nur mit Gewalt.

Jetzt schwanke ich zwischen Aus-dem-Fenster-Werfen, aber dann eingepackt in einen alten Kopfkissenbezug, damit die Teile nicht durch die Gegend fliegen, oder - und die Idee finde ich ebenso komisch wie genial - 20 Minuten bei 170° in den Backofen. Das ist dann wohl mein Favorit, schließlich koche ich gerne, und das geht dazu auch noch ohne Treppensteigen.

Die Restwärme nutze ich dann aus, um den Backofen sauber zu machen. Das Backofenspray steht schon bereit. Dann schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe.

Montag, 26. März 2007

Harry Potter darf nicht sterben

Da hatte sich Daniel Radcliffe in den letzten Wochen öffentlich so darauf gefreut, die Sterbeszene spielen zu dürfen. Und jetzt erfährt er aus der Zeitung, dass Harry Potter nicht sterben darf. Statt dessen muss er seine magischen Fähigkeiten aufgeben, um das Böse in Volde..., na ja, Du weißt schon wer, zu besiegen.
Harry ohne Zauberkraft. Das gefällt mir gar nicht. Das ist doch fast wie Sterben. Wofür habe ich denn all die Zaubersprüche gelernt und jahrelang geübt? Zugegeben, mit mäßigem Erfolg, aber schließlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Onkel Vernon und Tante Petunia wird das allerdings freuen, und KDD (kleines dickes Dudley) auch. Das fehlt mir gerade noch, dass die Rowling auf die Idee kommt, die Familie zu versöhnen, und dann darüber sieben Bände Harmonie zu schreiben.
Warten wir mal ab. Wenn das dann auch noch verfilmt wird, werde ich mich für die Rolle des Dudley Dursley bewerben. Der ist schließlich inzwischen auch gealtert. Wenn er nicht schon geplatzt ist. Die Figur für die Rolle habe ich schon. Und auch das Talent, mich bedienen zu lassen.

Samstag, 24. März 2007

Unruhige Nacht

Morgen früh werde ich aufwachen, mir die Augen reiben und feststellen, dass ich schlecht geschlafen habe.

Das weiß ich jetzt schon. Denn heute Nacht werden die Uhren umgestellt, auf Sommerzeit. Um genau zu sein: Meine Uhren werden nicht umgestellt, sondern das muss ich selbst erledigen. Wobei ich es endgültig aufgegeben habe, zu verstehen, wann die Zeiger um eine Stunde zurück gedreht werden müssen, und wann in die Gegenrichtung. Heute nacht nach vorne, daran hat mich meine Zeitung freundlicherweise erinnert. Warum das so ist, habe ich nie verstanden, obwohl ich mich nach Kräften bemüht habe. Inzwischen ist es mir egal.

Ich gebe zu, dass ich schon vor Jahren aufgegeben habe, mir den Wecker auf nächtliche Stunden zu stellen, um die Umstellung genau zur vorgeschriebenen Zeit vorzunehmen. Das war nur in den Anfangsjahren der Zeitumstellung.
Dann folgten einige Jahre, in denen ich das erst am nächsten Morgen hinter mich gebracht habe. Das brachte mich vollständig um den Schlaf, weil ich die ganze Nacht wach lag, um bloß nicht zu vergessen, wie ich meinen Wecker beim Aufwachen zu lesen hatte.
Inzwischen bringe ich die Prozedur schon seit langem bereits vor dem Schlafengehen hinter mich. So geht es mit dem Schlaf in diesen ereignisreichen Nächten schon besser, und ich kann es durchaus verkraften, für einige Stunden über das Ticken falsch gestellter Uhren hinweg zu schnarchen.

Ein Problem bleibt aber bestehen, und weil ich daran nichts ändern kann, muss ich wohl damit alt werden, deswegen zweimal im Jahr unruhig zu schlafen. Mich lassen nämlich die Gedanken nicht los, ob meine Mitmenschen die Zeitumstellung überhaupt mitbekommen haben.
Auffällig ist jedenfalls, dass sich an den Zeitumstellungs-Sonntagen Telefon und Türklingel zu ungewöhnlichen Zeiten melden. Zu früh oder zu spät? Das weiß doch ich nicht, weil ich das Prinzip nicht verstehe.

Montag, 19. März 2007

Die gute alte Zeit

Heute oute ich mich hemmungslos. Man muss sich schließlich so akzeptieren, wie man ist, dabei auch zu seinen Absonderlichkeiten stehen.

Also raus damit:
Ich liebe alte Schlager. Nicht die von heute und schon gar keine Volksmusik. Sondern wirkliche Schlager aus den 20er-Jahren und den folgenden Jahrzehnten, bis zu den 60ern. Die 70er sind schon nicht mehr so mein Ding, und das danach, das will ich gar nicht erst kommentieren. Jedem das Seine.
Ich meine solche Sachen von den Comedian Harmonists und Zarah Leander bis zu Caterina Valente, Connie Francis, Roy Black und Wencke Myhre, und alle ihre Zeitgenossen und die Leute dazwischen. Mit wirklich unterhaltsamer Musik und lustigen und in bestimmter Zeit aus bestimmten Gründen in ganz bestimmter Weise auch hintersinnigen und ironischen Texten.

Am Wochenende habe ich den Internetsender memory-Radio entdeckt. Gesendet werden gleichzeitig zwei Programme, eins mit Unterhaltungsmusik der 20er, 30er, 40er und frühen 50er Jahre, das andere mit Schlagern, Hits und Raritäten der späten 50er, 60er, 70er und 80er Jahre. Auf der Homepage sind die Streams zum Online-Hören verlinkt. Das ist für mich Musik mit hohem Suchtpotenzial.

Den Tipp habe ich aus dem Newsletter meines Internetradio-Lieferanten phonostar mit seinem kostenlosen Player, mit dem man auch wunderbar (und ganz legal) Sendungen aufnehmen kann. Beide memory-Radio-Streams sind in der Senderliste enthalten.

Allen Gleichgesinnten viel Spaß damit.

Donnerstag, 8. März 2007

Anachronismus

Ich war gerade einkaufen, bei einem großen Lebensmitteldiscounter. Als begeisterter Sonderangebotskäufer kaufe ich dabei immer mindestens eine Sache, die ich überhaupt nicht brauche, nur weil sie so billig ist. Heute konnte ich mich aber gerade noch bremsen, bei den Papierservietten mit festlichen Motiven zuzugreifen.
Sterne, Engel, bärtige Männer in roten Mänteln, Weihnachtsservietten in Massen.
Ich habe schon begriffen, dass das Weihnachtsgeschäft immer sehr früh im Jahr startet. Aber schon im März damit anzufangen, scheint mir doch etwas voreilig zu sein.

Mittwoch, 7. März 2007

Schluss mit lustig

Vor ein paar Tagen erst hatte ich Besuch von einem Eichhörnchen, das mir recht zufrieden zu sein schien. Und heute muss ich im Hamburger Abendblatt lesen, wie diesen putzigen Gesellen der Spaß genommen wird.

Die Stadtverwaltung von Santa Monica in Kalifornien befürchtet die Verbreitung von Krankheitserregern durch die Eichhörnchen im Stadtpark. Deswegen soll es ihnen aber nicht gleich an den Kragen gehen. Die Behörden setzen an anderer Stelle an und nehmen den Tieren die Freude an der Fortpflanzung. Dazu gibt es was aus der Apotheke. Und dann ist es vorbei mit der Vermehrung. So ein Ärger.

Ich habe mir sofort Sorgen um zwei alte Freunde gemacht. A-Hörnchen und B-Hörnchen, die sich immer mit Tick, Trick und Track treffen, wenn die mal wieder einen Pfadfinderausflug machen. Und dann kommt Onkel Donald Duck dazu, stellt sich regelmäßig tollpatschig an und schon ist der Spaß da. Aber die werden wohl nicht betroffen sein, denn das sind keine Eichhörnchen, sondern Backenhörnchen, und damit nur ganz entfernte Verwandte. Außerdem dürften die sich schon aus anderen Gründen nicht vermehren.

Mittwoch, 28. Februar 2007

Kalenderblatt Wildlife - Februar 2007

Nur noch wenige Stunden, bis der Februar vorüber ist. 28 Tage, ein kurzer Monat, aber trotzdem: Die Zeit läuft immer schneller. Höchste Zeit für ein paar Worte über das Kalenderblatt vom Februar 2007.

Vier Stücke Federvieh, die dem Betrachter ihre Rückseiten präsentieren. Die langen schlanken Beine und die ebenso federlosen langen hoch aufgerichteten Hälse geben den Tieren ihr charakteristisches Erscheinungsbild. Nur ihre kräftigen Körper haben ein Federkleid, schmucklos, erdbraun mit ein wenig hellgrau vermischt, dazu noch zerzaust, insgesamt keine guten Voraussetzungen für anerkennende Worte über ihr Erscheinungsbild. Trotzdem sind sie imposant und graziös, wie sie sich vom Betrachter entfernen und über die strohgelb vertrocknete Steppe gehen.
Schönheit ist eben nicht alles.

Vögel sind sie, und dennoch Fußgänger. Ihnen bleibt keine Wahl, denn sie sind vollkommen unfähig, zu fliegen. Ein Körpergewicht von mehr als zwei Zentnern wäre wohl auch nur mit Mühen in die Luft zu bewegen.

Sprachlich sind sie nicht ganz unproblematisch. Einer geht noch, den nennt man Strauß. Aber dieses Bild zeigt ein ganzes Quartett. Vier Sträuße, Strauße oder Straußen? Sträuße sicher nicht, die überlasse ich der Floristeninnung. Straußen scheint mir nicht völlig falsch zu sein, wirkt aber ein wenig altbacken. Bleibt nur noch Strauße.
Gern wird dem Strauß noch der Beiname Vogel verpasst, so dass er dann als Vogel Strauß über die Felder wandert. Dann wird es mit der Mehrzahl noch bunter: Vogel Strauße, Vögel Strauß oder Vögel Strauße?

Man sagt ihnen nach, bei Gefahr die Köpfe in den Sand zu stecken. Ein Irrglaube, dem sie verdanken, mit der Redewendung der "Vogel-Strauß-Politik" in aller Munde zu sein, was ihnen sicher lieber ist, als in anderer Weise in aller Munde zu sein. Ihr Fleisch ist nämlich recht schmackhaft, weswegen es ihnen, besonders in den weltweiten Zuchtbetrieben, an den Kragen geht.

Viele berühmte und noch mehr unbekannte Menschen tragen und trugen ihren Namen. Der bekannteste Namensträger war vermutlich auch der unterhaltsamste: Johann Strauß, der Sohn vom gleichnamigen Vater, unvergessen als der Walzerkönig. Also meine lieben Strauße, links herum bitte, eins, zwei, drei ...

Abgründe

Ich stand am Abgrund. Eine unüberwindbare Schlucht zwang mich zu einer Vollbremsung. Das neue Buch hatte mich so begeistert, dass ich förmlich durch die Seiten galoppiert war. Bis zu der Zwangspause, die mich am Weiterlesen hinderte. Kein tiefes Loch, sondern 32 fehlende Seiten. Mitten im Text, im Satz, im Wort ging es nicht mehr weiter. Und da stand ich nun, wie Winnetou auf seinem Rappen am Rande des Canyons, und konnte nicht weiter.

Die Quittung rettete ich noch aus dem Altpapier, und dann ab in die Buchhandlung, ausgestattet mit Bon und Buch nebst Lücke.

Hinter dem Ladentisch hoffte die Kassiererin, dass niemand kam. Pech gehabt. Da war ich.

Sie verzog keine Miene, als ich sie ansprach, bewegte sich nicht, sagte nichts, stellte sich einfach tot. Das habe ich natürlich durchschaut und legte ihr den Kassenzettel hin, das Buch daneben, an der passenden Stelle aufgeschlagen. Ich schilderte ihr das Problem und entschuldigte mich dafür, dass ich Bücher nicht nur kaufe, sondern sogar lese.
Danach schwieg ich.
Sie auch.
Sie stellte sich immer noch tot.
"Ich habe schließlich den vollen Preis bezahlt. Dafür hätte ich gern ein ganzes Huhn," sagte ich, "und kein gerupftes." Dabei sah ich sie weiter an und musste grinsen, wegen des Vergleichs mit dem Huhn.
Dann verriet sie sich, bewegte sich, langsam nur, aber immerhin. Also doch nicht tot, sondern bloß Baldrian in Überdosis. Und dann delegierte sie die Angelegenheit, indem sie ihre Hand mit dem Buch in die Höhe streckte (Gymnastik am Arbeitsplatz) und einer Kollegin zurief:
"Ham wir das Buch nochma?"

Die Kollegin lehnte beidhändig abgestützt auf einem Bücherstapel, wobei ich mich nicht festlegen möchte, ob sie den Stapel vorm Umfallen bewahren wollte, oder eher umgekehrt. Eins von beidem auf alle Fälle, deswegen konnte sie nicht loslassen.
"Weiß nich, musstma gucken."
Die tun was für das Gesundheitssystem. Da ist niemand infarktgefährdet.

Abgrundtief taten sich die Seelen zweier Buchhändlerinnen vor mir auf. Das war mir zuviel, und ich marschierte selbst zum Regal. Was blieb mir übrig? Sollte ich warten, bis der Baldrian zu wirken aufhörte? Ein ganzes Dutzend Exemplare erwartete mich, aufgereiht wie die Soldaten. Einen davon rekrutierte ich mir und ging mit ihm in Richtung Ausgang. Ich wollte nicht länger stören, und die Sache war schließlich auch geregelt.

Plötzlich grölte sie hinter mir her: "HALT! Kommen Sie zu mir!" Wie auf dem Exerzierplatz. Ich gehorchte. Befehl ist Befehl. Während ich zur Kasse ging, starrte mich die versammelte Kundschaft an, als ob ich gerade mit den Tageseinnahmen durchbrennen wollte.
Was sie wollte, hat sie mir dann doch nicht verraten. Als ich bei ihr eintraf, war sie schon wieder in Lethargie verfallen und stammelte nur noch: "Ich muss ..., Sie müssen ..., ..."

Ich hab sie dann einfach irgendwann stehen lassen, weil ich keine Zeit mehr hatte. Ich musste noch zur Apotheke, Beruhigungsmittel kaufen. Bevor ich wieder in eine Buchhandlung gehe, pfeife ich mir auch was rein.

Vampire im Alltag

Vor der Einfahrt steht ein Auto, seit Stunden. Am Steuer ein Mann, der ununterbrochen Zeitung liest, belegte Brote kaut und von Zeit zu Zeit an einer Flasche nuckelt.
Am Auto steht: Eilige Blutproben.
Der Mann hat es aber gar nicht eilig.
Klaut Dracula Autos?

Samstag, 24. Februar 2007

Dienst am Kunden

Der Stern erscheint vier Wochen mit Hörbuch-CDs. Jede Woche ein Scheibchen von Jan Weilers Maria, ihm schmeckt's nicht, als Zugabe, im aktuellen Heft der dritte Teil. Billiger kann ich zu dem Hörbuch nicht kommen. Geiz ist geil, also bloß keine Ausgabe verpassen.
Deswegen nutzte ich gestern spätabends nach dem Theater noch die Gelegenheit, im U-Bahn-Shop so ein Journal zu kaufen.

Auf dem Kassentresen lagen einige Sterne, gut getarnt unter einem Haufen von Kartoffelchips, Energy-Drinks und Tokio-Hotel-Sammelbildern. Meine Adleraugen sahen das Stern-Logo durchschimmern.

Ich befreite ein Heft aus seinem Versteck und ließ schnell die Blätter durch die Finger rauschen, so wie ein Zauberkünstler sein Kartenspiel, um sicherzugehen, dass auch wirklich eine CD drin ist. Die war für mich das Wichtigste. "Alles klar, die CD ist drin" murmelte ich leise, aber nicht leise genug, dass der Typ hinter dem Ladentisch das nicht gehört hätte.

Ich zeigte ihm den Stern und reichte ihm abgezählte € 2,80. Er nahm aber nicht das Geld, sondern den Stern und blätterte ihn genauso durch wie vorher ich. Wozu das??? Als er die eingeklebte CD gefunden hatte, fing er an, sie rauszufummeln, und sagte zu mir: "Weissu, wennu wills, is null problemo, kann ich cd gleich für dich weckschmaissen." Der wollte mir damit allen Ernstes einen Gefallen tun.
Das konnte ich gerade noch verhindern.

Life is comedy. Das war mal wieder besser als Fernsehen.

Donnerstag, 22. Februar 2007

Netter Besuch

Das war die Streicheleinheit, die ich so dringend brauchte. Neulich die Fenster geputzt, und eben wurde das anerkennend bestaunt.

Jemand klopfte von außen gegen die Scheibe. Das gab es noch nie, wohl schon allein der Höhe wegen. Auf dem Fenstersims saß ein putziges rotbraunes Eichhörnchen mit buschigem Schwanz und kleinen Knopfaugen. Total begeistert von der klaren Sicht und dem streifenfreien Glanz kratzte es wie wild über das Glas, lief hin und her, und sprang dann auf die Tanne davor, in deren sattem Grün es muntere Tänze vollführte und lustige Purzelbäume schlug.
Niiieeedlich!

P.S.: Da ist wohl die Tastatur mit mir durchgegangen. Kleiner romantischer Anfall. Aber wenn ich das so lese, könnte ich daraus vielleicht einen Stoff für so ein Groschenheft entwickeln. Die Förstersfrau vom Buchenwald, Untertitel: Schicksalsjahre einer Ökologin, oder was in der Richtung.

Also: 2. Fassung:

Von außen klopfte es gegen die Scheibe. Die Förstersfrau, die, im wallenden Leinenkittel gewandet, emsig die ihr von ihrer viel zu jung verstorbenen geliebten Mutter hinterlassenen Kochbücher wälzte, weil sie dem nicht minder geliebten Gatten ein gehörig Mahl zu servieren gedachte, wenn er denn des Abends matt und abgekämpft von der Jagd aus dem dunklen finsteren Wald heimkehren würde, erschrak heftig. "Wer pocht da, so zart und doch gleichermaßen kraftvoll, eben so unendlich gefühlvoll, gegen das von mir erst kürzlich so sorgsam gereinigte Glas?" fragte sie sich. "Wer ist imstande, solche Höhen zu erklimmen, liegt doch dieses Zimmer im obersten Stockwerk des Jahrhunderte alten so malerischen Forsthauses, so hoch, dass nur der Sonne Strahlen hier Einlass fordern könnten?" vertiefte sie ihre Gedanken.
Da sah sie hinaus und blickte wie verzaubert. Ein Eichhorn war's, so heiter und munter, so ...

HALT! STOP! Schluss damit! Ich mach mir jetzt einen Kaffee und warte auf eine Schreibblockade. Sonst schreib ich den Kram womöglich noch zu Ende. Bloß das nicht.

Mittwoch, 21. Februar 2007

So ein Theater

Die Clique will ins Theater. Da spielt was Lustiges. Weil die anderen alle aus der Provinz anreisen müssen, habe ich die Aufgabe, die Karten zu besorgen. Ist ja auch kein Problem, denn ich wohne ja am Ort der Komödie.

Ein Termin, der allen passt, war gefunden, und ich verschaffte mir auf der Website des Theaters in der Online-Buchung einen Überblick, was noch so zu haben ist. In der teuersten Preisgruppe kam nichts mehr in Frage, weil wir mit acht Personen auflaufen werden. Soviel zusammenhängende Plätze zu finden, ist immer schwierig.
Aber in der zweiten Platzgruppe war das Parkett rechts ab der 5. Reihe noch ganz frei. Allerdings gibt es da keine Sitzreihe mit acht Plätzen nebeneinander.
Da hatte ich eine Idee.

Also heute auf ins Theater. Irgendwie ahnte ich schon, was passieren sollte.
Und so kam es dann auch:

"Guten Tag, ich hätte gerne für den soundsovielten acht Karten. Aus der Preisgruppe 2" beschrieb ich der Kassiererin mein Begehr. "Ich habe mir schon mal überlegt, wie man acht Personen im Block unterbringen kann. Im Parkett rechts ..."
Nach einem flüchtigen Blick auf den Monitor kam freudig zurück: "Da ist noch ganz viel frei!"
"Wie sieht es denn aus mit Reihe 5 und Reihe 6?" fragte ich.
"Alles noch frei, geht aber nicht, denn das sind jeweils nur 5 Plätze. Da können nicht acht Leute nebeneinander sitzen" wurde ich beschieden.
"Stimmt. Deswegen hätte ich gern in beiden Reihen die vier zum Mittelgang hin gelegenen Plätze. Dann sitzen zweimal vier Personen hintereinander." Ich fand die Idee gut. Am Besten ist man immer noch selbst sein eigener Kundenberater.
"Oh," staunte sie, "eine gute Idee." Ich wurde noch schnell gelobt, bevor ihr dieses "ABER..." entfuhr.

Und genau damit hatte ich gerechnet. ABER. Da half nichts mehr, da musste ich durch.

"ABER dann nehmen Sie besser alle fünf Plätze in der Reihe 5 und drei in Reihe 6. Das sind zusammen auch acht", wurde ich kundenberaten.
"Das will ich aber nicht. Meine Platzauswahl ist wohl überlegt. Ich habe meine Gründe dafür" versuchte ich noch, eine längere Diskussion abzuwenden.
Jetzt legte sie los: "Aber wenn Sie zweimal vier Plätze nehmen, bleibt in beiden Reihen ein Restplatz übrig. Und diese Einzelkarten werden wir bestimmt nicht mehr los, weil die Randplätze nicht sonderlich beliebt sind. Die lassen sich schlecht verkaufen, weil man von da ziemlich schräg auf die Bühne sieht."
Damit hatte sie die Sache auf den Punkt gebracht, so dass ich mich auf ein schlichtes "EBEN!" beschränken konnte, wobei ich nebenbei den von ihr angeregten schrägen Blick übte.
Sie ließ nicht locker: "Wenn Sie die ganze Reihe 5 nehmen und nur drei Plätze in Reihe 6, bleiben da aber zwei Restplätze. Das ist besser."
"Für wen?" Das interessierte mich.
"Für uns." Klare Antwort.
"EBEN!" Da war es schon wieder.
Die weitere Konversation war langweilig. Das Gespräch drehte sich noch ein paar Minuten im Kreise. Sie wollte nicht, was ich wollte, und ich nicht, was sie wollte. Sowas braucht seine Zeit.

Um die Angelegenheit nicht zusätzlich in die Länge zu ziehen, habe ich nicht gefragt, warum nicht zumindest diese Randplätze in die nächstbilligere Preisgruppe eingestuft seien. Und auch nicht, ob sie nachvollziehen könne, dass acht Personen rechnerisch vier Pärchen sind, und warum sie eines davon gerade zwangsweise trennen wolle.
Im Ergebnis hatte sie natürlich keine Chance, weil ich als geübter Kunde für derlei Situationen trainiert bin. Ich habe Ausdauer.

Endlich resignierte sie: "Wenn Sie das partout nicht einsehen wollen, kann ich Ihnen auch nicht mehr helfen."
Ich weiß, jetzt war ich gemein: "Doch, ..."
Ein Hoffnungsschimmer huschte über ihr Gesicht.
"... indem Sie mir einfach die 8 Plätze verkaufen, die ich haben will. Damit wäre mir gedient."
Ihre Mundwinkel plumpsten von oben nach unten, so wie bei einem animierten Smiley in der E-Mail. Und sie fügte sich in ihr Schicksal. Warum nicht gleich so? Immer diese Diskussionen.

XXL als Standardgröße

Die heutige Ausgabe des Hamburger Abendblatts meldet, zwei Drittel aller deutschen Männer seien zu dick, 18,8 % von ihnen sogar fettleibig, wie die Statistiker die Hohe Schule des Dickseins zu nennen scheinen. Die männlichen Deutschen hätten damit gegenüber allen übrigen Europäern die Nase vorn, oder wohl treffender ausgedrückt, ihren Frontspoiler. Der Damenwelt gehe es übrigens besser. Sie sei nur zu 31 % übergewichtig.

Mich, der ich Augen habe, um meine Mitmenschen zu betrachten, überrascht das nicht. Ich weiß schon längst, dass ich kein Einzelschicksal bin. Wenn sich das doch nur endlich auch bis hinauf in die Einkaufsabteilungen des Handels herumsprechen würde. Hoffentlich liest dort jemand das Hamburger Abendblatt. Das wäre zu wünschen.

Ich fühle mich jedesmal im Abseits, wenn ich die Herrenkonfektionsabteilungen durchschlendere. Schier endlos reihen sich die Tische nebeneinander, beladen mit Stapeln von Pullovern, T-Shirts, Hosen und Hemden. Ich durchsuche all diese aufgetürmten Kleidungsstücke regelmäßig von oben bis unten, ob etwas mir Passendes dabei ist. Und weil man das von außen nicht erkennen kann, muss ich dafür die Ordnung eines jeden Stapels zerstören, weil ich jede einzelne Textilie auseinander falten muss, um das eingenähte Etikett mit der Konfektionsgröße zu finden.

Wer diese Klamotten kaufen soll, ist mir bisher nicht klar geworden, denn trotz der Masse des Warenangebots finde ich fast nie etwas größeres dabei. Bei Größe M ist meistens Schluss, ab und an einzelne Verirrte der Größe L. Ganz selten begegnet mir auch ein Stück in XL, wobei mein spontaner Entdeckerstolz dann aber stets schnell wieder verfliegt. Das sind dann Artikel aus italienischer Produktion, einem vermutlich kleinwüchsigen Volk. Was die unter XL verstehen, gehört bei uns in die Kinderabteilung verwiesen. Für mich ist das jedenfalls nichts.

Ab und an wende ich mich auch mal an das Personal und frage, ob man auch Größen für die normal gebaute Kundschaft vorrätig halte. Darauf wird mir dann mit einer großzügig ausholenden Handbewegung die gesamte von mir bereits durcheinander gebrachte Kleidersammlung dargeboten. Meine Ironie hat noch niemand verstanden, was man den Angestellten angesichts ihrer Modelfiguren aber wohl nachsehen muss.

Bisher wusste ich nicht, dass 66 % der deutschen Männer mit solchen Fragen nerven müssen. Da hätte ich doch schon mal darüber nachgedacht, das Größenspektrum dem Format des Durchschnittsdeutschen anzupassen. Gut für den Umsatz wäre das allemal. Ich würde ja so gerne Geld ausgeben, aber man lässt mich ja so selten.

Samstag, 17. Februar 2007

Frühling in Sicht

Heute früh hat mich die Sonne angeblinzelt. Als ob sie mir versprechen wollte, es gehe bergauf. Sie weiß anscheinend, dass ich es überhaupt nicht mag, in permanenter Dunkelheit zu leben. Sonst bräuchte sie bei mir ja nicht um gut Wetter zu bitten.

Die Nordländer haben die Mittsommernacht.
Da wird es dann nie richtig dunkel.

Und was haben wir?
Monatelang dunklen Winter. Morgens dunkel, abends dunkel, nachts sowieso. Und die paar Stunden dazwischen auch nicht gerade glänzend. Alles in allem fast so finster wie Polarnächte.

Mit jedem Tag wird es jetzt früher hell, und später dunkel. Das Licht wird wärmer. Nicht die Temperaturen, sondern das Licht. Sowas gibt's. Und es riecht auch schon ein bisschen nach Frühling. Nicht wie Frühling, das geht erst mit der Blütezeit los. Aber danach. Man kann schon riechen, wenn der Frühling dem Winter die ersten Tritte versetzt, um ihn zu vertreiben. Ich kann das, und heute riecht es so.

Schöne Aussichten.

Montag, 12. Februar 2007

Alaaf und Helau

Heute klingelte das Telefon.
"Nur Du kannst mir helfen", kam aus dem Hörer. "Jetzt wohne ich schon Jahre im Rheinland, und trotzdem laufe ich hier im Karneval immer noch mit dem örtlichen Wappen an der Mütze rum. Dabei bin ich doch eigentlich Hamburger, wie Du. Kannst Du mir ein Hamburger Stadtwappen besorgen und mit der Post hierher schicken? Zum Aufnähen an die Mütze. Es ist ein Notfall. Rosenmontag naht. Ich bin ein Hamburger."
"So ein Touri-Teil?"
"Ja."
Ich habe es getan, hier in Hamburg rein in einen Andenkenladen, so ein Ding gekauft, und dann ab damit in den Briefumschlag und in den Briefkasten.

Der traut sich was. Wie wohl da unten ein Hamburger Stadtwappen an einer Karnevalskappe so ankommt? Ich fürchte, Karnevalsprinz, Elferrat, Dreigestirn, und was da sonst noch so an rheinischen Tollitäten rumläuft, könnten da keinen Spaß verstehen.
Ich werde mal die Presse verfolgen, ob in den nächsten Tagen verstärkt von Tumulten in Prunksitzungen berichtet wird.

Samstag, 10. Februar 2007

Garzeiten

In einem Loriot-Sketch streitet ein Ehepaar über die Zubereitung der Frühstückseier.
Er will ein 4 1/2-Minuten-Ei, weil das Gelbe nicht hart sein darf.
Die Ehefrau schwört , die Eier immer genau 4 1/2 Minuten zu kochen, nie länger, nie kürzer.
Der Herr des Hauses fragt nach. Das könne er sich nicht vorstellen. Die Eier seien immer unterschiedlich.
Und dann stellt sich heraus, dass die Frau die Kochzeit nicht mit der Uhr überwacht, sondern mit ihrem Gefühl. Hausfrauen könnten sowas.

Ich habe solche Diskussionen nicht nötig, denn ich bekoche mich selbst. Nicht nur Eier. Heute zum Beispiel Pellkartoffeln für den Kartoffelsalat.

Wenn ich früher meine Mutter nach Garzeiten fragte, erhielt ich nie konkrete Antworten.
"Wie lange brauchen die Kartoffeln?" - "Bis sie gar sind." Eine Hausfrau und ihr Gefühl.

Soweit mir bekannt ist, brauchen Kartoffeln mindestens 20 Minuten. Wie lange dürfen sie aber höchstens kochen?
Ich habe die Kartoffeln vorhin mit kaltem Wasser aufgesetzt, sie aufkochen lassen und dann die Hitze auf kleinste Stufe zurück gedreht. Dumm nur, dass ich dann telefoniert habe. Muss mich dabei verquatscht haben. 2 Stunden sind jedenfalls zu viel.

Freitag, 9. Februar 2007

Klimawandel

Das kam über Nacht. Was für ein Bild!
Alles ist weiß. Die Straßen, die Wege, und in sauber strahlende Pelze gewandet erwarten die Autos, ob sie heute noch durch die Gegend gescheucht werden. Sie hoffen auf einen Ruhetag. Bei dem Wetter geht vielleicht manch einer lieber zu Fuß. Oder bleibt ganz zu Hause.
Gegenüber auf dem Dach haben sich kleine Dachlawinen gebildet und an der Dachrinne versammelt. Sie lauern darauf, dass unten jemand aus dem Haus kommt. Oder einer rein will. Denen werden sie es zeigen. Freuden des Winters.
Die Tanne vor meinem Fenster sieht aus wie ein beleidigter Weihnachtsbaum. Schwer mit Schnee beladen hält sie tapfer ihre Zweige hoch: "So schön hättet Ihr es schon Weihnachten haben können. Aber Ihr habt es ja so gewollt."

Da ist was dran. Dieses Bild am Heiligen Abend, und wohlig weihnachtliche Stimmung wäre aufgekommen. Aber mitten im Februar ist das eigentlich nur noch schlechtes Wetter. Schade drum. Alles zu seiner Zeit.
Der erste erwähnenswerte Schnee des Winters. So läuft das also mit dem Klimawandel. Der Winter fällt nicht aus, er verschiebt sich nur nach hinten. Das ist ja beruhigend. Dann richte ich mich schon mal praktisch darauf ein. In der Stadt räumen sie gerade alle ihre Lager. Die Ware muss raus. Saisonwechsel. Da gehe ich jetzt hin. Mit Glück mache ich noch ein Schnäppchen. Handschuhe für den Sommer.

Donnerstag, 8. Februar 2007

Reden Sie mit mir?

Tante-Emma-Läden gibt es nicht mehr. Die gute alte Zeit ist vorbei, als man zum Kaufmann um die Ecke nicht nur zum Einkaufen ging, sondern das immer auch mit einem Klönschnack verbunden war. Und daher kannte man sich auch noch mit Namen und sprach sich auch so an.

Und jetzt? Es gibt ja nicht nur Selbstbedienung, sondern immer noch Bedienungstheken (Fleich, Wurst, Käse, Bäcker). Aber die Verkäufer wissen nicht mehr, wie ihre Kunden heißen. Und weil sie deswegen nicht so genau wissen, wie sie sich verhalten sollen, werde ich von ihnen ständig als "junger Mann" angeredet. Wenn mir das bloß mal jemand anders sagte! Aber doch nicht am Wurststand, wo ich meistens sowieso viel älter bin als die Tante hinter der Theke. Ob ich mal probehalber "alte Frau" zu ihr sage. Das möchte ich mal erleben.

Blöd ist nur, dass mir eigentlich auch keine wirklich brauchbare Anrede einfällt.

Dienstag, 6. Februar 2007

Am Besten den Ball flach halten

Seit gestern (05.02.2007) geht es durch die örtliche Lokalpresse: Die Tore sind auf den meisten Hamburger Fußballplätzen zu niedrig. Auch beim HSV, dem zurzeit letzt platzierten Bundesligaklub. Ist das die Erklärung für den Abstiegsplatz? Wie soll man da noch treffen, wenn die Torfläche kleiner ist als gedacht? Obwohl, soweit ich das Spiel verstehe, beide Mannschaften auf die selben Tore schießen. Erst in die eine Richtung, und ab der Halbzeit anders rum. Vielleicht hat das schlechte Abschneiden des HSV doch andere Gründe?

Im HSV-Stadion messen die Tore 2,41 Meter in der Südkurve und gegenüber, in der Nordkurve, sogar nur 2,39 Meter. Statt vorgeschriebener 2,44 Meter. In den offiziellen Fußballregeln des Deutschen Fußballbundes steht das so geschrieben: "Die Unterkante der Querlatte ist 2,44 m vom Boden entfernt." Nicht mehr und nicht weniger. Keine Toleranz.

Die Tore sollen bei ihrer Montage genau vermessen worden sein. Aber mit der Zeit ist der Boden ist angestiegen, wenn der Rasen ausgebessert wurde. Vielleicht könnte man ja in den Regeln doch ein paar Zentimeter Toleranz vorsehen. Oder man muss den Rasen abschaffen. In den offiziellen Fußballregeln steht zur "Spielunterlage" (das steht da wirklich): "Spiele können auf einer natürlichen oder künstlichen Unterlage ausgetragen werden." Vielleicht besser nur noch Beton? Dann stimmt wenigstens die Höhe der Tore.

Wie oft habe ich Dir schon gesagt ... ?

Wie oft habe ich Dir schon gesagt, dass ...? Als Kind habe ich mir immer wieder solche Wie-oft-Fragen anhören müssen? Ging mir schwer auf die Nerven. Besonders beliebt war: Wie oft habe ich Dir schon gesagt, dass Du die Schuhbänder öffnen sollst, bevor Du die Schuhe ausziehst? Mache ich natürlich bis heute nicht. Und was ist mir jetzt passiert? Mein schöner Schuhlöffel ist völlig demoliert. Ich hatte mir extra so einen mit langem Griff gekauft, damit ich ohne Bücken in die Schuhe kam. Mit Gewalt! Was Stabiles aus Metall. Der hat dem Druck meines Körpergewichts nicht stand gehalten. Habe mich wohl zu stark reingestemmt. Völlig verbogen.

Und jetzt? Soll ich doch noch vernünftig werden und die Schuhe ordentlich an- und ausziehen? Oder lieber 'nen neuen Schuhanzieher kaufen?

Montag, 5. Februar 2007

Keine Angst vor Häme

Als Weblog-Neuling habe ich immer wieder etwas an der Seite zu verändern. Nicht nur durch neue Posts, sondern auch an der Seitengestaltung drum herum. Daran führt kein Weg vorbei, wenn man die Möglichkeiten des Bloggens gerade erst entdeckt. Und zunehmend auch andere Blogs besucht. Einige davon sind wirklich empfehlenswert. Deswegen habe ich den Titel der Linkliste in der linken Spalte heute geändert. Da steht jetzt: "Links zu anderen lesenswerten Weblogs."

Das reizt zu hämischen Bemerkungen: "Hat er endlich erkannt, dass es wenigstens andere Weblogs gibt, die sehens- und lesenswert sind? Seiner also nicht? Sieht er das jetzt ein?"
Ist mir klar, dass sowas kommen kann. Aber ich bin einfach zu bescheiden, um die Links als "auch lesenswert" anzukündigen. So ist es aber gemeint. Na klar! Das kann ich ja wohl erwarten, dass meine Leser sich das dazu denken.

Und wenn nicht, ist mir das auch egal. Dann eben her mit den gehässigen Kommentaren. Ich mach mir nichts draus. Diesmal nicht. Da steh ich drüber.

Das will ich hoffen.

Sonntag, 4. Februar 2007

Küchenunfälle

Unfälle passieren häufig. In Deutschland soll es alle 4 Sekunden einer sein, davon 32 % im Haushalt. Beim Verkehr übrigens nur 5 %. Das hat die Versicherungswirtschaft herausgefunden. Ich will das mal glauben. Dass sich aber gut die Hälfte der Haushaltsunfälle in meiner Küche ereignen muss, kann ich nicht einsehen. Immer auf die Kleinen!

Ich dachte, dass es eigentlich gereicht haben sollte, als ich mir vor einer Woche drei Fingerkuppen meiner rechten Hand verbrannt habe. Wofür ich gar nichts konnte, denn ich musste doch irgendwie prüfen, warum die Erbsensuppe auf der vorderen rechten Herdplatte partout nicht heiß werden wollte. Was blieb mir anderes übrig? Und ich habe die anderen Platten wirklich nur ganz leicht und nur für Sekundenbruchteile mit den Fingern berührt. Wenn dabei schon die beiden linken Platten kalt waren, konnte ich doch nicht ahnen, dass es rechts hinten ungemütlich wurde. AUA!!!

Heute habe ich nur ganz wenig Wasser in den Topf nachgießen wollen, nur ein paar Tropfen, denn das leckere Püree von gelben Erbsen* erschien mir etwas zu fest. Ich habe dazu den heißen Deckel vom Topf genommen und umgedreht unter den Wasserhahn gehalten, auf dass sich das Wasser gleich erwärme. Ich fand das ganz schlau. Dabei gab es einen solchen Knall, dass ich zuerst dachte, im Privatfernsehen werde gerade eine Aufzeichnung des Urknalls wiederholt. War aber nicht. Der Glasdeckel des Tiegels war explodiert und in 1000 Stücke zerborsten. Dumm gelaufen. Blöder Deckel. Ich fand es neulich ganz angenehm, kaltes Wasser auf meine frisch verbrannten Finger zu gießen. Wirklich kein Grund, gleich vor Wut zu zerspringen.

Und ich prophezeie Euch: Fürchterliche Haushaltsunfälle werden folgen. Nicht nur bei mir.

Wer in diesem Jahr noch nach München kommt und das Glück hat, eine Karte für die Münchner Lach- und Schießgesellschaft zu ergattern, kann sich das Programm Titanic 3000 - Retro-Satire aus der Zukunft ansehen. Da wird dann von Redakteuren der Zukunft im Jahr 3000 über die dann gute alte Zeit berichtet werden. Darüber, was Gerhard Schröder damals im elften Band seiner Autobiographie 2013 geschrieben haben wird. Auch von Michael Schumacher, wie der sich 2009 ganz Sylt gekauft und in seine private Formel-1-Rennstrecke umgebaut haben wird. Oder über Papst Kevin, der 2019 erst den Leib Christi hat klonen lassen werden und ihn dann bei einer sakramentalen Massenveranstaltung im Tropical Island Dome unter den Gläubigen verteilt haben wird!
Und schließlich über das noch im Jahr 3000 unvergesslich geblieben sein werdende Erlebnis, als der Fernsehkoch Tim Mälzer 2015 für den amerikanischen Präsidenten Schwarzenegger gekocht gehabt haben und anschließend hingerichtet geworden sein werden wird!"

So entnehme ich es der (oben verlinkten) Ankündigung des Satireprogramms.
Also Obacht in der Küche!

* Auf E-Mail-Anfragen stelle ich gern das Rezept zur Verfügung.